Kunstsammlung NRW
Kim Insook, Great-grandmother and I (from the series SAIESEO: between two Koreas and Japan), 2008, Digital C print, 118 x 150 cm, Copyright MORI ART MUSEUM, all Rights Reserved.
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Wenn Ausstellungstitel Erwartungen wecken.

Ein Besuch im Mori Arts Center in Tokio von Cornelia Heising

Was erzählt uns eine Verpackung über ihren Inhalt? Wenn es um die Bewerbung von Ausstellungen geht, gelten dieselben Mechanismen wie in anderen Branchen auch: Die Hülle sollte nichts versprechen, was nicht gehalten wird. Cornelia Heising, in der Kunstsammlung verantwortlich das Marketing, hat aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen in diesem Bereich einen besonderen Blick dafür, wie eine Ausstellung beworben wird.

Von einer Reise nach Japan hat sie für #32 ihre Eindrücke einer Ausstellung mitgebracht, deren Titel in die Irre führen kann.

Teresa Hubbard / Alexander Birchler, Eight, 2001, Video, 3 min. 35 sec. (loop), Courtesy: Tanya Bonakdar Gallery, New York, Copyright MORI ART MUSEUM, all Rights Reserved.

In Zeiten, in denen nicht nur in Europa, sondern auch in Japan, das Thema der Überalterung der Gesellschaft in aller Munde ist, stößt eine Ausstellung mit dem Titel Go – Betweens:  The World Seen through Children  auf großes Interesse. Der viel versprechende Titel der gegenwärtig im Mori Arts Center in Tokio laufenden Schau lockt mit dem Versprechen, dass uns Betrachtern die Welt durch die Augen von Kindern gesehen, gezeigt wird.

Der erste Schritt in die Ausstellungsräume macht jedoch schnell deutlich, dass der Titel mehr verspricht als die Ausstellung in der Lage ist zu halten: Wir sehen keine Kunst von Kindern, die uns ihre Sicht auf die Welt näher bringen, wie es der Ausstellungstitel suggeriert. Nein... namhafte internationale, „ausgewachsene“ Künstler widmen sich dem Sujet „Kind“ und seiner Lebenssituation in der Familie, in der Gesellschaft, im Grenzbereich zwischen verschiedenen Kulturen.

Eigene Wahrnehmungen und Erlebnisse in der Kindheit mögen den künstlerischen Werken zugrunde liegen und die Hand geführt haben bei der bildhaften Auseinandersetzung mit verschiedenen Kindheitsthemen, wie Beziehungen zwischen Großeltern und Enkeln, Kinderzimmereinrichtungen, Geburtstagsfeiern oder Traumata in der Kindheit und Adolenszenz. Die Künstlerinnen und Künstler interpretieren in ihren Arbeiten die Sicht oder das Empfinden des Kindes im Familienleben, unter Freunden oder aufgrund eines Schicksalsschlags aus ihrer Erfahrung als Erwachsene retrospektiv. In dem einen oder anderen Video werden Kinder zwar direkt interviewt, aber auch hier haben Erwachsene den Fokus auf Sequenzwahl und Schnitt gelenkt.

Mein Fazit: Der Schau mit Werken von international beachteten Künstlern wie etwa Christian Boltanski (Frankreich), Nara Yoshitomo (Japan), Won Seoung Won (Korea), Fiona Tan (Indonesien) oder Rineke Dijkstra (Niederlande) und dem hohen künstlerischen Niveau der Arbeiten tut es nicht gut, dass sie unter einem Titel vermarktet werden, der eine Erwartungshaltung weckt, die nicht eingelöst wird. Es bleibt ein schaler Nachgeschmack, der mit einem „authentischen“ Ausstellungstitel hätte vermieden werden können.

Die Ausstellung Go – Betweens wird ausführlich auch in englischer Sprache auf der Website des Mori Art Museum vorgestellt und dokumentiert. Auch hier dominieren „kindliche“ Effekte, etwa in den leuchtend farbigen Formelementen, die sich im Ausstellungstrailer spielerisch zum Titel in japanischen Schriftzeichen zusammensetzen. Wer eine Reise nach Japan plant, dem sei neben Tokio eine der weiteren Stationen in Nagoia, Okinawa und Kochi empfohlen. Dort wird Go – Betweens noch bis zum Sommer 2015 zu sehen sein.

http://www.mori.art.museum/english/contents/go_betweens/index.html

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