Kunstsammlung NRW

Lüttich: Aus der Krise mit Kunst und Kultur

In dieser Zeit über Kultur aus Belgien zu berichten, kann den Schock nicht ausblenden: Der Terror hat mitten ins Europaherz gezielt. Da fragt sich wohl mancher, ob man sich überhaupt noch ins benachbarte Kultur-Paradies trauen kann. Aber gerade jetzt hat das kleine Belgien mit seinen großen Kunst- und Kulturschätzen Solidarität verdient!

Für #32 worldwide berichtet Claudia Posca über eine Reise nach Lüttich.

Und Belgien ist nicht nur Brüssel: Neben dem attraktiven Mons, 2015 zusammen mit dem tschechischen Pilsen Kulturhauptstadt Europas und Heimat des Museum der Schönen Künste (BAM), trommelt seit Neuestem Lüttich für seine Schätze. Die französischsprachige Wallonie-Stadt, knapp 200.000 Einwohner groß und nur eine Stunde Thalys-Fahrt von Köln entfernt, will mit noch mehr Kultur und Klein-Frankreich-Flair locken.

Hätte man das vom leicht angeschmuddelten Lüttich gedacht, das zumeist höchstens als Heimat Georges Simenons und seines Krimi-Kommissars Maigret bekannt ist?

Jetzt macht die von der Montankrise seit Jahrzehnten gebeutelte Stadt mobil, Liège putzt sich raus. Vergleichbar dem Strukturwandel-Programm der "Kulturmetropole Ruhr", setzt die einstige Bergbau-Stadt auf ein neues, glänzendes Image. Der ehrgeizige Plan: Markante Kultur- und modernste Infrastruktur-Investitionen unter dem Label "Liège together". Zur Entwicklungsförderung will man sich, so der offizielle Wortlaut, "auf seine Gegebenheiten und kulturellen Besonderheiten stützen."

Da wäre der futuristische TGV- Hochgeschwindigkeitsbahnhof des weltbekannten Architekten Santiago Calatrava im Stadtteil Guillemins außerhalb von Liège-City. Er ist 2009 in Betrieb gegangen, derzeit Schauplatz einer eher erlebnisorientierten Dalì-Phantasialand-Ausstellung. Und weiter: eine stattlich vorangeschrittene Altstadt-Sanierung rund um die legendäre Buerentreppe aus 374 Stufen mit einem grandiosen Panoramablick aus 72 Meter Höhe über Liège-Total.

Zu den kulturhistorischen Köstlichkeiten zählen das 10 000 Quadratmeter große Grand Curtius-Museum, das Museum für Wallonische Volkskunde, der fürstbischöfliche Palast oder die gotische Kathedrale Saint-Paul sowie vielen wunderschönen Hausfassaden im maasländischen Stil.

Das alles soll jetzt noch mehr strahlen: Liège kooperiert mit dem Louvre in Paris! Anlass ist die Eröffnung von La Boverie - dem "Zentrum für Bildende Kunst", das mit  4000 Quadratmetern ein Zentrum für Ausstellungen mit internationalem Renommee werden will. Am 5. Mai eröffnet das Haus mit der Schau En plein Air rund um das Motiv der gemalten "Freiluft-Aktivitäten" ab dem 18. Jahrhundert, gespeist aus der eigenen Sammlung sowie mit Louvre-Leihgaben.

Möglich ist der Coup auch deshalb, weil Paris expandieren will und Liège eine exzellente eigene Kunst-Sammlung mit großen Namen von Lambert Lombard über Monet, Ingres und Boudin bis hin zu Picasso, Signac, Ensor und Marc sein Eigen nennt. Frei nach dem Motto: Wer was zu bieten hat, bekommt im Gegenzug Leihgaben.

Außerdem lässt sich Lüttich sein neues Image einiges kosten: 23,5 Millionen Euro stecken im ehrgeizigen Museumsprojekt auf der neuen Stadtachse zwischen dem imposanten Calatrava-Bahnhof und der Médiacité. Der Ort, wo das neue La Boverie funkelt, ist symbolträchtig und geschmückt von alten Parkanlagen. So hat man den dort beheimateten Hauptpavillon der Weltausstellung von 1905  bestens restauriert. Erweitert wurde das Architekturdenkmal um einen modernen Glasanbau nach einem Entwurf  des französischen Star-Architekten Rudy Ricciotti. Er ist der Mann, der dem Pariser Louvre das markante Wellen-Dach der Abteilung für islamische Kunst beschert hat.


Weitere Informationen

Museum La Boverie
http://www.laboverie.com/

Le Grand Curtius
http://www.grandcurtiusliege.be


Visitez Liège (Tourismusportal)
http://www.visitezliege.be/