Kunstsammlung NRW
Plakat: Freiland
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Kunst im digitalen Loop: Wir betreten FREILAND

Mit zwölf künstlerischen Positionen und einem Team aus sechs Designstudenten hat es sich das Clemens-Sels-Museum zur Aufgabe gemacht, einen virtuellen Ausstellungsraum zu entwickeln, in dem Kunst nicht nur präsentiert wird, sondern seine eigene digitale Form bekommt – jedes Werk für sich.

Arnika Fürgut hat sich für #32 dort umgesehen.

FREILAND betritt man – wie die meisten Kunstausstellungen – durchs Foyer: einen anonymen und sterilen Raum, von dem andere und mit Kunstwerken gefüllte Räume abgehen – nur heißt dieser Raum hier „Startseite“.

Screenshot: Freiland

In einer runden Navigationsansicht finden sich die Künstlernamen der teilnehmenden Kunstschaffenden, wie durch eine Linse werden sie im Zentrum des Kreises größer und deutlicher lesbar, machen die Auswahl und Bewegung einfacher.

Zwölf Positionen: von der Kunstakademie bis zur Psychedelic-Rock-Band

Zwölf künstlerische Positionen werden gezeigt, darunter Meisterschüler der Düsseldorfer Kunstakademie wie Jennifer Lopéz-Ayala und Peter Müller oder auch die Psychedelic-Rock-Band Love Machine. Für jede Position wurde ein eigenes digitales Format gefunden: Videoloops, GIF-Animationen, JPEGs, Soundspuren. FREILAND will auf den ersten Blick vieles zugleich sein: eine digitale Erweiterung des Museums, virtuelle Ausstellung, Werk und Raum, Transformationsmöglichkeit und Übersetzungsangebot, Navigationsidee.

„Durch die Auswirkungen des Computerzeitalters auf die Gesellschaft befindet sich die Institution Museum in einem nachhaltigen Veränderungsprozess.“, schreibt Dr. Uta Husmeier-Schirlitz, Direktorin des Clemens-Sels-Museum in Neuss, im Vorwort von FREILAND. Und weiter: „Die Qualität eines Kunstwerks darf demnach nicht anhand des gewählten Mediums bemessen werden, sondern allein aufgrund der künstlerischen Leistung.“

Freiland: Phaedra Pisimisi


Digitale Sammlungen und ihre Fragen


Gerade erst hat das Frankfurter Städel die eigene Sammlung als „cloudbasierte Plattform“ zugänglich gemacht, Vorbild und Vorreiter war schon 2012 das Amsterdamer Rijksmuseum. Digitale Sammlungen, die Übertragung materieller Kunstwerke in den digitalen Raum und virtuelle Kunstmuseum sind jedoch schon spätestens seit dem Google Art Project keine revolutionäre Neuigkeit mehr – und trotzdem: Den User beschleicht nicht allzu oft die Frage nach Mehrwert und Erkenntnisgewinn linearer Digitalisierung.

Genügt es Kunstwerke massenweise digital abzubilden, mit Keywords zu versehen und unter dem Aspekt der Demokratisierung zugänglich zu machen? Was erwartet der digitale Besucher von einer virtuellen Ausstellung? Wie kann digitalisierte - oder auch digital produzierte - Kunst berühren, rezipiert und vermittelt werden? Welchen Stellenwert hat das Original im Zeitalter der Digitalisierung und ist diese Frage überhaupt die richtige?


Digitale Tranformation schafft neue Originale


Patrick Verhamme und Gabriel Relinghaus, zwei der Köpfe hinter FREILAND, haben sich ebendiese Fragen gestellt und wie folgt beantwortet:

„Die digitale Transformation der Originale schafft neue Originale. Diese müssen an den neuen Ausstellungsraum entsprechend angepasst werden: Jedes Kunstwerk erhält eine individuelle, für das Netz geeignete Darstellungsform, um im virtuellen Ausstellungsraum auratisch und aufrichtig wirken zu können. FREILAND ist also weniger ein Museum, sondern viel mehr ein virtueller Ausstellungsraum. Es handelt sich dabei um ein Experiment, das dem konventionellen den digitalen Ausstellungsraum gegenüberstellt und erforscht, wie Kunst bzw. Design in der digitalen Welt zeitgemäß ausgestellt und interpretiert werden kann. Diese Erweiterung zum analogen Exponat wollen wir dem Betrachter näher bringen.“

Freiland: Tim Theves

Ist FREILAND also als ein weiterer Vorschlag zur Neudefinition des digitalen Museums der Zukunft zu lesen? Diesmal nicht von Kunsthistorikern oder Museumspädagogen, nicht von Ausstellungsmachern oder Mitarbeiter kapitalistischer Großkonzerne entwickelt, sondern von Designstudenten der Generation digital natives. Studenten einer angewandten Wissenschaft die sich selbst zweifellos seit jeher zwischen Kunst und Kommunikation bewegt. In der es nicht nur darum geht Inhalt zu transportieren, sondern auch die ästhetisch und funktional adäquate Form für eben diese Inhalte zu finden – sei es in Fragen der Typografie, Methoden der Gestaltung oder des digitalen Raumes.

Die Beantwortung der Frage inwieweit das Konzept FREILAND künstlerische Werke adäquat präsentiert, positioniert, kontextualisiert und vermittelt bleibt aber auch hier – wie im realen Raum – jedem Ausstellungsbesucher selbst überlassen.

Text: Arnika Fürgut


Auch wenn FREILAND im Internet an 24 Stunden und sieben Tagen die Woche erreichbar ist, hat die Ausstellung eine Laufzeit. Neugiere finden den virtuellen Ausstellungsraum bis zum 17. Mai 2015 auf der Seite www.csm-freiland.de oder verlinkt über das Clemens-Sels-Museum (http://www.clemens-sels-museum-neuss.de/)