Kunstsammlung NRW
Foto: Katja Illner
this & that

Vom Bilderbuch, der ersten aller Künste

Maria Müller-Schareck blickt für #32 zurück auf die Auslese XXIX mit Martin Baltscheit am 7. Mai 2017

Am Morgen des 7. Mai 2017 erzählten eine Reihe der treuen Gäste der "Auslese" im Lokal Lieshout, sie seien unsicher gewesen, ob sie dieses Mal kommen sollten. Unsicher gemacht hatte sie die Vermutung, dass ein Verfasser, Erzähler und Zeichner von Geschichten für Kinder, wie der eingeladene Martin Baltscheit, wohl auch ausschließlich über Bücher für sehr junge Zuhörer sprechen würde. Genau das tat dieser auch, die Verunsicherung allerdings wich bald großer Begeisterung: Im sehr gut besetzten Café erlebten die Freunde von Martin Baltscheit wie auch die Zögerlichen einen gut aufgelegten und originellen "Ausleser", der am Beispiel der ausgewählten Bilderbücher mit Nachdruck und Leichtigkeit bewies, dass diese auch erwachsenen (Vor-)Lesern und Zuhörern ziemlich viel Spaß bereiten können.  

Anaïs Vaugelades Geschichte von der Steinsuppe, die Fuchs und potentielle Beutetiere gemeinsam kochen, Martin Karaus und Katja Wehners Abenteuer des unaufrichtigen Panthers im Paradies und auch seine eigene Geschichte vom Fuchs, der den Verstand verlor las Baltscheit höchst lebhaft zur Gänze vor. Er sei fest davon überzeugt, dass das gemeinsame Anschauen von Bilderbüchern – und die dabei entstehende (auch körperliche) Nähe – die besten Gespräche zwischen den Generationen anstoße: über den Umgang miteinander, über Gemeinsamkeiten und Unterschiede, Vertrautes und Fremdes, über Streit, Ängste und kleine Freuden, über die grundsätzlichen Fragen allen menschlichen Miteinanders.  

Für Martin Baltscheit sind die Menschen seit jeher Sehende und Erzählende. Genau diese Fähigkeit unterscheide sie vom Affen. Und das Bilderbuch ist in seinen Augen unangefochten die erste aller Künste, in der knappe, klug gesetzte (oft gereimte) Worte und detail- und einfallsreiche Bilder zusammenklingen. Der Text liefere die Brücke zum Bild, in diesem stecke die Pointe, aus der der Funke zündet. So kann in einem wirklich guten Bilderbuch – wie es z.B. Maurice Sendaks Geschichte von den wilden Kerlen ist – ein jeder etwas finden, was ihn berührt oder lehrt. 

Die Liste der von Martin Baltscheit mitgebrachten Titel:

  • Martin Baltscheit, Die Geschichte vom Löwen, der nicht schreiben konnte, Beltz & Gelberg, Weinheim Basel 2002

  • Martin Baltscheit, Die Geschichte vom Fuchs, der den Verstand verlor, Beltz & Gelberg, Weinheim Basel 2002/2013

  • Mac Barnett / Jon Klassen, Sam und Dave graben ein Loch, NordSüd Verlag, Zürich 2015

  • Drew Daywalt / Oliver Jeffers, Der Streik der Farben, NordSüd Verlag, Zürich 2016

  • Alexis Deacon, Vogel und Krokodil, Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2013

  • Emmanuel Guibert / Marc Boutavant, Ariol. Ein kleiner Esel wie du und ich. Reprodukt, Berlin 2013

  • Werner Holzwarth / Wolf Erlbruch, Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat, Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1989/2016

  • Martin Karau / Katja Wehner, Der Panther im Paradies, Aufbau Verlag, Berlin 2008

  • Jon Klassen, Wo ist mein Hut, NordSüd Verlag, Zürich 2012

  • Marcus Pfister, Der Regenbogenfisch, NordSüd Verlag, Zürich 1992

  • Hans-Georg Rauch, Die Striche kommen. Von der Lust zu zeichnen, Rowohlt Verlag, Reinbek 1978

  • Axel Scheffler / Julia Donaldson, Der Grüffelo, Beltz & Gelberg, Weinheim 1999/2016

  • Liane Schneider / Annette Steinhauer, Connie streitet sich mit Julia, Carlsen, Hamburg 2016

  • Maurice Sendak, Wo die wilden Kerle wohnen, Diogenes Verlag, Zürich 1967

  • Anaïs Vaugelade, Steinsuppe, Moritz Verlag, Frankfurt am Main 2000/2016

  • Giovanni Zoboli / Marichiara di Giorgio: Profession crocodile, Les fournis rouges, Montreuil 2017


"Auslese – Bücher für die Sammlung" ist eine Kooperationsveranstaltung von Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen und Literaturbuchhandlung Müller & Böhm

Text: Maria Müller-Schareck