Kunstsammlung NRW
Klee-Platz der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen

Konzeptkunst als "Kuckucksei": Eine Wandinschrift als unerwartetes Geschenk

Ganz plötzlich war es da: "Antje Seeger – Namedropping, seit 02.07.2014" stand in großen, grauen Lettern und unübersehbar an der Wand der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen. Dort, wo das Ausstellungsprogramm des Jahres für die Passanten in eben diesen grauen Lettern angekündigt wird, lag plötzlich ein sprichwörtliches Kuckucksei im Nest – von niemandem bestellt, von niemandem geplant. Antje Seeger, eine geheimnisvolle Unbekannte im Jahresplan der Kunstsammlung?

#32 machte sich auf die Suche nach Grund und Hintergrund der rätselhaften Aufschrift.

Einmal mehr half auch hier die dienstbare Suchmaschine: Im virtuellen Orbit taucht neben einer Islamwissenschaftlerin, einem Pflegedienst und einer Psychologin auch eine Künstlerin dieses Namens auf, deren Webseite allerdings schon in ihrer Knappheit auf karge Konzeptkunst deutet. Die preisgegebene Mobilnummer machte weitere Recherchen aus Düsseldorf möglich: Antje Seeger (32) meldet sich in Dresden. "Ich hab eine Stulle auf der Bank gegenüber gegessen und gedacht – das passt hier", begründet sie ihre künstlerische Guerilla-Intervention an der Museumswand. Schließlich sei es seit 2008 ihr Konzept "Dinge in den öffentlichen Raum oder Museen einzufügen" und zwar immer dann, "wenn ein Vorhaben und ein Ort zusammenpassen". Zuletzt habe sie ein Titelschild an die Wand der Londoner Tate "eingefügt", aber das sei bisher noch ohne Reaktion aus dem weltbekannten Ausstellungshaus geblieben. Überhaupt sei die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen „die erste Institution, die sich meldet – ich finde das wirklich schön", meint die Künstlerin.

Ihre Undercover-Aktion, bei der sie mächtigen Bammel gehabt habe, erwischt zu werden, hat sie selbstverständlich per Video von einem "Mittäter" dokumentieren lassen, schildert Seeger. Der Polizei sei sie bisher erst einmal aufgefallen, nämlich als sie auf Dresdens hart umkämpfter Waldschlösschen-Brücke die Fahrbahnmarkierungen geschrubbt habe. Ein wenig Kritik ("Aber mit Augenzwinkern und auf die nette Art!") sei mit dem Titel "Namedropping" zwischen den angekündigten schwergewichtigen Künstlern im Programm der NRW-Landesgalerie schon gemeint, fehlen doch in großen Museen zu oft Ausstellungen junger Künstler.

Die Nachfrage, ob sie ihr Klebe-Kunstwerk nun denn auch von der Restaurierung betreut und der Nachwelt erhalten werden müsste, beantwortete Antje Seeger offen: "Ich halte nichts von Ewigkeit, es ist für den Moment gemacht".  Natürlich sei sie bereit, der Kunstsammlung für das ungefragt geschenkte Werk auch ein Echtheitszertifikat "mit echter Unterschrift" zu schicken.

Die Reaktion der Kunstsammlung, die Besucher-Frust auf Suche nach der fiktiven Namedropping-Schau vermeiden will, war rasch. Ein völlig widersinniger, gelber Aufkleber verkündet Verlängert bis 26.01.2014. Die Künstlerin fühlt sich verstanden: "Das ist sehr schön, das gefällt mir."