Kunstsammlung NRW

95 Stimmen für eine bessere Ausstellung: Ein Reisebericht

Internationale Jahrestagung der Ausstellungsmanager in Wien 2014

Sie ist die Frau, bei der alle Fäden zusammenlaufen: Ausstellungsmanagerin Stefanie Jansen und ihr Team müssen hunderte Details im Blick behalten und auch manches dicke Brett durchbohren, damit am Eröffnungstag jeder Ausstellung der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen nicht nur die Kunst ihren richtigen Platz gefunden hat, sondern auch alle anderen Arbeiten im Saal – von der richtigen Ausleuchtung bis zur Beschriftung der Wand – optimal koordiniert wurden.

Einmal jährlich treffen sich Ausstellungsmanager aus der ganzen Welt zu einer Jahrestagung, um sich in Vorträgen, Diskussionen und Gesprächen über diesen ganz besonderen Museumsberuf auszutauschen.

Stefanie Jansen berichtet für #32 von der diesjährigen Tagung, wo sie auf Kolleginnen und Kollegen von Australien bis Katar getroffen ist.


Das mit dem Management ist so eine Sache

Das mit dem Management ist so eine Sache. An der Hand führen soll man die Kollegen, die das nicht selten gar nicht wollen, die Künstler/innen gar in Termin- oder Budgetwesten zwängen – dies ist zuweilen mühsam und ich war gespannt, ob es in anderen Instituten, Ländern, weltberühmten Museen wie dem Prado, Rijksmuseum oder dem MOMA ähnliche Strukturen oder gleichlautende Probleme geben würde.

Eingeladen zur Tagung der International Exhibition Managers (IEO) (gegründet 1999) mit 95  Kolleginnen und Kollegen aus 20 verschiedenen Ländern, begab ich mich von Düsseldorf nach Wien, wobei beim Ausstieg aus der schnellen City Airport Train/U-Bahn-Verbindung am Karlsplatz gleich die vielen Jugendstil- und Gründerzeitbauten auffielen, die Wien architektonisch so prägen und aus einem Guss wirken lassen.


Ankunft im Belvedere

Am Ankunftsabend hatte man zu einem Begrüßungscocktail ins Belvedere eingeladen, wo uns exklusiv die erste Etage mit den Wiener Heroen Klimt, Schiele, Kokoschka geöffnet wurde. Klimts Kuss von 1908/09 fristet dort leider, wegen seiner Popularität, ein ebenso eingekerkertes Leben als Hinterglasmalerei wie die Mona Lisa im Louvre. Was mir jedoch am besten gefiel, waren der Sonnenuntergang  über Wien, den man vom Belvedere aus sehr gut beobachten konnte und eine Wiederbegegnung mit den ausdrucksvollen Köpfen von Franz Xaver Messerschmidt in einer kreisrunden Aufstellung  vis à vis.  

Foto: Stefanie Jansen / Kunstsammlung

Am nächsten Tag begaben wir uns nahezu zwei Tage lang in Klausur ins Kunsthistorische Museum, das unser Gastgeber war. Was für ein Treppenhaus! In einem kurzen déja-vu sieht man Postkarten aus dem Shop mit den vielen bekannten Motiven der Gemälde, Kleinkunst und auch Preziosen an sich vorbeiziehen – für die Originale war leider kaum Zeit –  und man denkt: hier fing alles an!


Wie wird man eigentlich Ausstellungsmanager?

Nun sollte ich aber Antwort auf meine Fragen bekommen: Wie bereits vermutet, ist das Jobprofil des Ausstellungsmanagers sehr unterschiedlich ausgeprägt. Obwohl die amerikanischen Kollegen schon seit geraumer Zeit in Kategorien der klassischen Unternehmensstruktur denken, scheint das die Kollegen im europäischen Raum doch deutlich jünger zu sein. In der  Anwesenheitsliste mischen sich Berufsbezeichnungen des Registrars, Kurators und der verschiedenen Titulierungen des Managements (Project Manager, Head of Exhibitions, Exhibition Manager, Director Exhibitions, Programme Manager usw.) munter ab.


Von Versicherungsprämien bis Fotoerlaubnissen

In den Vorträgen ging es um ebenso weit gestreute Themen: Versicherungsprämien und Unpfändbarkeitsabkommen, die die landesspezifischen Regeln und Abkommen bei den Leihnahmen, die ein Haus entgegenimmt, behandeln und eher in den Bereich des Registrars fallen. Es ging um Fotoerlaubnisse in Museen, um Erfahrungen mit der Benutzung von Apps (ein Themenbereich, der den Abteilungen Bildung und Kommunikation zugeordnet ist) und auch Themen wie Risikomanagement, das sowohl die Direktion, als auch Sammlungsleitung und Restaurierung und– wie am Beispiel Guggenheim Bilbao dargestellt wurde - tatsächlich jede Ausstellung betreffen . Insbesondere interessierten mich die Vorträge der Arbeitsabläufe während einer Umbauphase, das Thema Kooperationsverträge, und auch interessante Fallbeispiele aus Museen in aller Welt, zum Beispiel aus Dallas oder Paris über das Arbeiten mit „lebenden Künstlern“.

Zwischen den „Sessions“ hatte man Gelegenheit Kollegen einmal näher kennen zu lernen und ein Gesicht zum sonstigen anonymen mail-Partner zu bekommen. Das wird sicherlich in Zukunft Kooperationen oder Entscheidungsprozesse beschleunigen und war somit der eigentliche Gewinn des Treffens.

Es war beruhigend zu erfahren, dass andere Häuser durch die gleichen Vor- und Rückschläge einer Ausstellungsvorbereitung gehen und dass – als hätte man es nicht immer schon gewusst – es eine perfekte Organisation nicht gibt.


Mantras für Ausstellungsmanager

Ich notierte nach den Vorträgen daher folgende Mantras:

An Artist is a Human Being!

Do not rely on volunteer labor!

Free Food for your staff!

Foto: Stefanie Jansen / Kunstsammlung

Zum Schluss noch ein paar Wiener Impressionen

Auch in Österreich ist Europawahlkampf – das Plakat der Österreichischen Grünen verrät den augenzwinkernden National-Humor mit dem Plakat „Für ein Leben vor dem [Wiener]Schnitzel“. Die Gazetten sind voll von Österreichs Beitrag zum Eurovision Song Contest, und auch in Sachen Museumsmarketing gibt es durchaus gewagte Vorstöße. Zumindest ist einem Kunsthistorikerherz nicht ganz so wohl, wenn ihm auf der Treppe vor der Albertina, deren Juwel,  der Dürer Hase, als riesengroße Verklebung entgegen hoppelt. Nach der Bestellung eines Tafelwassers, wird man vom Wiener Oberkellner nach prickelnder oder nicht prickelnder Variante befragt und man kommt nicht umhin daran zu zweifeln, ob die Entscheidung einem mehr abverlangt als die bloße Wahl zwischen Luftbläschen oder nicht…?

Mein Fazit der Reise am Freitagabend:

Es war schon prickelnd!

 

Stefanie Jansen leitet seit 2010 die Abteilung Ausstellungsmanagement für die Häuser K20 und K21 der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen.

Die Kunsthistorikerin, die zuvor als kuratorische Assistenz tätig war, nahm zum ersten Mal an der Tagung des IEO teil und fühlt sich nach den drei Tagen bestätigt, „eigentlich alles richtig zu machen“. Sogar von der Notwendigkeit, regelmäßige Projektmeetings abzuhalten, in denen alle Budgets, Aufgaben und Zeitpläne im Vorfeld der Ausstellungsvorbereitung miteinander abgestimmt werden, konnte sie inzwischen voll und ganz überzeugen. Ihr Wissen  aus der Praxis konnte sie u.a. bereits in Form von Fortbildungen an Kuratoren aus China weitergeben.