Ernesto Neto "Haux Haux" im Arp Museum

Allein der würzige Geruch von Zimt, Lavendel, Oregano, Nelken oder Curry erweckt beim Betreten der Museumsräume die Gewissheit, dass es sich bei "Haux Haux" nicht um eine gewöhnliche Ausstellung handelt. Das Hans Arp Museum widmet dem brasilianischen Künstler Ernesto Neto (*1964) zurzeit die erste museale Einzelausstellung in Deutschland. Florence Thurmes hat sie für #32 besucht.

Die Werke von Hans Arp und Ernesto Neto verbindet die Inspiration an der Natur und ihren organischen runden Formen. Den traditionellen Begriff der Bildhauerei erweiternd, schafft Ernesto Neto Skulpturen und raumgreifende Installationen, die sowohl den Sehsinn als auch den Geruchs- und Tastsinn fordern: einige der Arbeiten sind begehbar und dürfen, respektive sollen, angefasst werden. So sind die Humanóides – portugiesisch für „menschenartige Wesen“ – z.B. weiche, mit Styroporkügelchen gefüllte Polyamidsäcke, die wie eine zweite Haut vom Besucher getragen werden können. Durch ihre Üppigkeit und das enge Anliegen am eigenen Körper erfährt der Träger neben einem ungewohnten Körpergefühl auch eine intensive Nähe zum Kunstwerk.

Bekannt ist Ernesto Neto insbesondere für seine weißen und semitransparenten Nylongewebe die mit Gewürzen oder Edelsteinen gefüllt sind und von der Decke hängen. Die wie große Tropfen oder dehnbare Membranen anmutenden Strukturen fügen sich in die offene Architektur von Richard Meier, der den Neubau vom Arp Museum gestaltete, ein und erstrecken sich teilweise über zwei Etagen. Andere Skulpturen bestehen aus Beton oder Stahl und wirken dem Sinnlichen und Organischen entgegen. So ist In the corner of life ein Stahlgebilde mit geschwungenen Formen in das Neto eine Hängematte gespannt hat und das an Alexander Calder und auch Hans Arp denken lässt.

In der Ausstellung werden auch Zeichnungen von Indianern gezeigt, die seit ein paar Jahren einen maßgeblichen Einfluss auf das Denken und Schaffen von Neto nehmen. Dem Künstler war es nicht nur deswegen wichtig, dass seine Werke während der Ausstellungseröffnung durch eine traditionellen Zeremonie der Vertreter des Volks der Huni Kuin (das im Amazonas im Norden Brasiliens beheimatet ist) geweiht wurden. In der Auffassung der Huni Kuin, ebenso wie in der von Ernesto Neto, ist jeder Mensch Bestandteil der Natur, das heißt Teil eines Ganzen. Um das Gleichgewicht zu finden und erhalten wird sowohl die männliche als die weibliche Energie durch Singen oder in der Kunst beschwört und geehrt und das Positive im Leben hervorgehoben.

Die Arbeiten von Ernesto Neto laden dazu ein, sich Zeit zu nehmen und sich intensiv mit der Kunst, aber auch mit ihrer Botschaft, auseinanderzusetzen. Nicht nur das was wir sehen ist wesentlich, sondern auch das was wir nur erspüren oder ertasten können. Netos Werke erlauben innezuhalten und einen Blick über das Äußere hinaus zu wagen.

Die Ausstellung "Ernesto Neto. Haux Haux" ist noch bis zum 25. Mai 2015 im Arp Museum Bahnhof Rolandseck zu sehen.