Kunstsammlung NRW
Bei der Arbeit: Restaurator Otto Hubacek bearbeitet "Number 32" von Jackson Pollock

Wie weggeblasen: Jackson Pollocks „Number 32“ nach restauratorischer Reinigung in neuem Glanz erstrahlt

Ein schmutziges Auto fährt durch die Waschstraße, gebrauchtes Geschirr landet in der Spülmaschine. Doch was tun, wenn ein ebenso bedeutendes wie empfindliches Gemälde vom Staub der Jahrzehnte befreit werden soll?  Otto Hubacek, Chefrestaurator der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, hat sich eine besondere Methode ausgedacht, um Jackson Pollocks Meisterwerk “Number 32“ zu reinigen. Für das nach diesem Stolz der Landesgalerie benannte Online-Magazin #32 hat Gerd Korinthenberg dem Experten bei seiner diffizilen Arbeit über die Schulter gesehen.

Wenn Otto Hubacek seine Restauratoren-Handschuhe überstreift, die Lupenbrille mit integriertem Lichtstrahler aufsetzt, dann  erinnert er eigentlich eher an einen Chirurgen kurz vor der OP. Seine besondere Operation: Pollocks Gemälde „Number 32“ (1950), eine der radikalsten Schöpfungen des abstrakten Expressionismus‘ und damit ein Hauptwerk der US-Nachkriegskunst, vom feinen Staub und Schmutz der vergangenen 65 Jahre zu befreien. Auch wenn das Bildseit 1964 unter optimalen Bedingungen im Museum gezeigt wird, feinste Partikel haben die nicht grundierte Leinwand, auf der Pollock mit schwarzem Industrieklack seine atemraubend schwungvollen „drippings“ hinterlassen hat, mit einem grau-braunen Schleier  überzogen. Wischen und Wienern nach Hausfrauenart kommt hier natürlich nicht in Frage - schließlich wird die Kunstsammlung von der internationale Kunstwelt um dieses Bild beneidet. Schwämmchen und Tupfer würden den Schmutz vielleicht sogar noch tiefer in den Stoff „einmassieren“.

So hat der erfahrene Restaurator eine Methode weiter entwickelt, die ursprünglich bei der Reinigung von Papier eingesetzt wird. Aus einem feinen Luftstrahler wird vorsichtig Weizenstärke auf das Bild geblasen, die den Schmutz aufnimmt und die anschließend sorgsam von einem Staubsauger geschluckt wird. Zentimeter um Zentimeter arbeitet sich der Fachmann voran, braucht absehbar bis zu 300 Arbeitsstunden für Bild, das bei einer Größe von 269 x 457,5 cm auf immerhin fast 12 m² kommt.  

Nachdem nach eingehender Diskussion unter allen Verantwortlichen der Kunstsammlung diese Methode beschlossen war, weiß der 63jährige Restaurator nun auch im Detail, worauf es ankommt: Damit es am Ende auf der deutlich helleren Leinwand, die den furiosen Schwung des Meisterwerkes nun noch sensibler und eindrucksvoller zeigt, keine Schlieren und  Spuren gibt, darf nur er mit der Luftdüse arbeiten. „Das ist wie eine Handschrift“, meint er. Andere Mitarbeiter der Restaurierung würden die Düse mit anderem Abstand und Winkel ansetzen, was dann sichtbar wäre. Klar war jedoch von Anfang an, dass die nun noch deutlicheren Kaffeespritzer, die aus der Tasse des Künstlers auf die am Boden liegende Leinwand getropft sind, auf keinen Fall beseitigt werden:  Sie sind wichtige Zeugnisse der besonders schwungvollen Malweise, dank derer Pollock in der Kunst der Moderne ganz unverwechselbar geworden ist.

Nach der Reinigung wird „Number 32“ vom 1. Februar an in aufgefrischter Form wieder in der Sammlung im K20 zu sehen sein. Weitere Informationen zum Bild und seiner Geschichte gibt es in der Sammlung Online der Kunstsammlung. Hier darf dieser Schatz des Hauses natürlich nicht fehlen:

MEHR

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht.
Erforderliche Felder sind markiert *