Kunstsammlung NRW
Marion Ackermann und Andreas Gursky in der Ausstellung, Foto: Sebastian Drüen
making of

3 Fragen an: Andreas Gursky

Die Ausstellung Andreas Gursky – nicht abstrakt im K20 verwirklicht eine Idee, die der renommierte Fotokünstler seit längerer Zeit im engen Austausch mit der Direktorin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Marion Ackermann, diskutiert hat. Im Ergebnis ist es eine sehr persönliche Ausstellung geworden, die eindrucksvoll die Fragen nach dem Abstraktionsvermögen des Mediums Fotografie stellt.

Zur Vorbereitung auf das Projekt trafen sich Marion Ackermann und Andreas Gursky im März 2016 zu einem langen Gespräch über die Fotografie, die Abstraktion, die Musik und die Arbeitsweise des Künstlers.

Für #32 haben wir drei Fragen und ihre Antworten ausgewählt:  

Marion Ackermann: Du hast einige Deiner Werke bewusst mit dem Titel "Ohne Titel" bezeichnet. Das erinnert mich an die zehn Kompositionen von Wassily Kandinsky, die er mit römischen Ziffern nummerierte und dadurch als eine Werkgruppe hervorhob. Auf formaler Ebene sind viele dieser fotografischen Arbeiten stärker abstrahiert, sodass der Gegenstand sich für den Betrachter – wenn überhaupt – erst auf den zweiten Blick erschließt. Als ein Beispiel wäre das Werk Ohne Titel I zu nennen, das den grauen Teppichboden in der Kunsthalle Düsseldorf zeigt. Wie kommt es zu dem Titel?

Andreas Gursky: Ohne Titel I beruht auf einem visuellen Erlebnis, das mich eher zufällig in der Kunsthalle überraschte. Bei dem Werk geht es allerdings nicht konkret um diesen bestimmten Teppich. Vielmehr geht es darum, dass das Individuelle zugunsten der Verallgemeinerung aufgelöst wird. Durch den eng  gewählten Bildausschnitt wird der Gegenstand fast bis zur Unkenntlichkeit verfremdet – insofern eignete sich auch die Namensgebung "Ohne Titel".  

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Foto: Sebastian Drüen

Welche Rolle spielt die Frage nach der Eindeutigkeit des Erkennens? Zu Deinen neuen Werken zählen auch die vier Arbeiten einer Serie, die Blumenfelder aus großer Distanz zeigen. Auf den ersten Blick überziehen farbige, rastergleich angelegte Streifen horizontal das Bild. Erst bei näherem Hinsehen wird deutlich, dass es sich um Tulpen- und Hyazinthenfelder handelt. Durch die Vervielfältigung des Motivs, die Wiederholungen und Reihungen, tritt letztlich das Einzelmotiv zurück?

Ja, die Narration tritt in den Hintergrund zugunsten der Wahrnehmung der Strukturen und der Farben. Das Prinzip des Rasters und der repetitiven Anordnungen von gleichen Gegenständen findet sich bereits in früheren Bildern. So reiht sich schon in Salerno I, aus dem Jahr 1990, eine Tausendschaft an Autos, digital unbearbeitet, nebeneinander. Roland Barthes beschrieb die sich ändernde Sicht auf  die dingliche Welt durch die "Eroberung" der Vertikalen. So erlaube die bislang unbekannte Perspektive vom damals neu errichteten Eiffelturm, die Straßen strukturell, als Linien und Punkte, wahrzunehmen. Diese Strukturalisierung ist in vielen meiner Bilder erkennbar. In dem Stilmittel der Reihung und Wiederholung sehe ich im Übrigen auch eine Analogie zur elektronischen Musik und zu deren repetitiven Klangmustern, die mich stark bewegen und beschäftigen. 

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Welche Rolle spielt der Zufall bei der Entstehung Deiner Werke?

Mir ist bewusst, dass sich Bilder eher verschlechtern als verbessern, wenn man das Motiv ein zweites Mal aufnimmt. Daher  versuche ich, den Moment beim ersten Mal zu erfassen und nicht zu denken, ich könne das Bild ohne Weiteres wiederholen. Dahingehend haben mich auch die Bechers geschult, die eine ganz ähnliche Erfahrung machten. 

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Das vollständige Interview ist in der Broschüre zur Ausstellung erschienen.
Das Booklet umfasst neben dem Gespräch kurze Einführungen zu verschiedenen Themen der Ausstellung und ist für eine Schutzgebühr von 1,00 Euro an der Kasse im K20 erhältlich.

Weitere Informationen zum Werk des Künstlers auf der neuen Website:

http://www.andreasgursky.com/de