Kunstsammlung NRW
Reinhold Ewald im Orbit: Besuch in der Installation von Tomás Saraceno im K21, Foto: DLR/Güttler

in orbit – Ein Astronaut geht ins Netz

Wenn im Mai Alexander Gerst zur Internationalen Raumstation ISS fliegt, wird er als elfter deutscher Raumfahrer im Orbit forschen und unseren blauen Planeten aus gewaltiger Höhe bewundern. Der Mönchengladbacher Reinhold Ewald hat diese Erfahrung bereits gemacht und erkundete nach dem realen Orbit nun auch die gleichnamige Installation von Tomás Saraceno im K21.

Für #32 begleitete Gerd Korinthenberg den erfahrenen Astronauten Ewald ins Netz.

Es ist nicht allein der leuchtend blaue Overall mit dem Emblem der europäischen Weltraum-Agentur ESA auf der Brust, der diesen Besucher auf Tomas Saracenos Installation in orbit  von allen anderen mutigen Gästen unterscheidet. Mit schlafwandlerischer Sicherheit bewegt sich Reinhold Ewald in der gewaltigen, schwankenden Netzkonstruktion unter der Glaskuppel im K21. Wer – wie der studierte Physiker und gelernte Raumfahrer – viele Wochen seines Lebens im realen Orbit verbracht hat, den können die knapp 30 Meter freier Raum unter sich bis zur Piazza des Ständehauses nicht so richtig schockieren.

Gläserner Aufzug statt donnernder Rakete

Mit dem russischen Raumschiff Sojus TM-25 waren nach sechs Jahren Training Ewald und zwei russische Kosmonauten-Kameraden 1997 ins All gestartet, um in der Raumstation MIR wissenschaftlich zu arbeiten. Jetzt brachte statt donnernder Rakete ein surrender, gläserner Aufzug den Raumfahrer ganz bequem in den orbit des argentinischen Installationskünstlers.    

"Wir waren damals in 400 Kilometern Höhe, konnten die Erde von da oben in großen Ausschnitten überblicken", erzählt Ewald. Die Klettertour durch das weitgespannte Stahlnetz genießt er sichtlich, auch wenn man von dort aus nur gerade mal eben über die Dächer Düsseldorfs blicken kann. "Höhenangst, die kennt der Mann wohl nicht", konstatiert eine der Aufsichten am Netzrand. Wie auch, denn schließlich hat der nach wie vor gut trainierte deutsche Raumfahrer, Träger der russischen Tapferkeitsmedaille, damals auch ein lebensbedrohliches Feuer in seiner Raumstation heil überstanden.  

"Das sind hier alles mathematische Flächen, das ist Ästhetik pur", beschreibt der erfahrene Naturwissenschaftler sachlich knapp die ungewöhnliche Schönheit der stählernen 2500-Quadratmeter-Konstruktion Saracenos. Kompliment aus berufenem Mund nicht nur für den  Künstler, sondern auch für die winzigen Spinnen, deren Netz-Baukunst Saracenos Vorbild gewesen ist. Die Idee, künftig einmal Künstler mit ihrer besonderen Sensibilität und Ausdrucksmöglichkeit ins Weltall zu schicken, findet Astronaut Ewald bestechend: "Soweit sind wir aber wohl noch nicht!" 

Scheinbare Schwerelosigkeit

Schließlich glitzern doch noch ein paar kleine Schweißtropfen auf der Stirn des 57-Jährigen, für den sich das doch nur scheinbar schwerelose Gehen im elastischen Stahlnetz wie Laufen im tiefen Sand anfühlt – "aber es geht immer bergauf". Anders als bei seiner künstlerischen Klettertour auf  in orbit, bei jedem Schritt im Streit mit der lästigen Erdanziehung, gelte im wirklichen Orbit: "Bei Schwerelosigkeit schwitzt man nicht."

Gerd Korinthenberg kennt den Blick von oben auf die Erde nur medial vermittelt. Er leitet die Abteilung Kommunikation der Kunstsammlung. Geglückt ist ihm der Start in den künstlerischen Orbit durch die Kooperation des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen.

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