Kunstsammlung NRW

Visible Award 2013: Die Jury als öffentliche Veranstaltung

Kunst muss nicht nur sichtbar sein, sondern auch sichtbar machen. Kontexte ins Licht rücken, Dunkelgebliebenes ausleuchten, Unsichtbares definieren – nicht nur in Form der Kunstwerke, sondern auch wenn es um die gesellschaftliche Relevanz der Kunst als soziale Form geht. Das italienische „Visible Project“ hat sich genau dies zur Aufgabe gemacht. Im Dezember wurde zum zweiten Mal der „Visible Award“ verliehen – durch eine demokratische Jury, die teilweise aus Facebook-Fans bestand.

Ansgar Lorenz war für #32 bei der Preisverleihung in Eindhoven dabei.

In enger Kooperation mit dem Publikum haben die Cittadellarte Fondazione Michelangelo Pistoletto und die Fondazione Zegna im Van Abbemuseum Eindhoven ihren jüngsten Visible Award verliehen. Die von Charles Esche (Direktor Van Abbemuseum) zusammengestellte interdisziplinäre Jury aus sechs Künstlern und Theoretikern sowie einer siebten Stimme als Repräsentant des Publikums setzte sich intensiv mit den Arbeiten von Künstlern aus unterschiedlichsten globalen Kontexten auseinander. Die Kuratoren Matteo Luchetti und Judith Wielander hatten eine Vorauswahl von insgesamt zehn Künstlern getroffen, deren Werk sich als sozial engagierte künstlerische Praxis versteht und von sichtbar gesellschaftlicher Relevanz ist. Den mit 25 000 € dotierten Preis erhielt Ahmet Öğüts für seine Arbeit The Silent University – einem künstlerischen Projekt, welches sich als autonome Plattform für den Austausch von Wissen von und für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten versteht. Dozenten, Berater und Stipendiaten formen ein Programm, das auf unterschiedlichen Ebenen die Rolle des Flüchtlings oder Asylsuchenden reflektiert. Ahmet Öğüt, der in Ankara und Istanbul studierte, lebt und arbeitet in Amsterdam. Im Jahr 2009 war er verantwortlich für den türkischen Pavillion der 53. Biennale di Venezia.

Der Visible Award zeichnet sich in erster Linie durch seinen partizipativen Charakter, durch seine diskursive wie demokratische Grundhaltung aus. So gestaltete sich die Preisverleihung am 14. Dezember weniger als traditioneller Festakt, sondern als Schlusspunkt eines gut acht Monate währenden Entscheidungsprozesses, der online via twitter oder facebook jedem Interessierten zugänglich war. Er fand schließlich in einer ganztägigen Veranstaltung in Eindhoven seinen Höhepunkt.

„Art is the most sensitive and complete expression of thought and it is time for artists to take upon themselves the responsibility of ensuring communication between all other human activities, from the economy to politics, to science and religion, through education and behaviour. In other words, all aspects of the social fabric”, formulierte Michelangelo Pistoletto in seinem Manifest Progetto Arte aus dem Jahr 1994.

Ausgehend von diesem Leitgedanken hat sich das hinter dem Preis stehende Visible Project zum Ziel gesetzt, das Verhältnis von Künstler und Rezipient, von Akteur und Betrachter neu zu denken und gleichzeitig nach zeitgenössischen künstlerischen Positionen zu suchen, deren Visionen einen nachhaltigen Eindruck auf die soziale und kulturelle Verfasstheit unserer Welt hinterlassen.

Ansgar Lorenz ist wissenschaftlicher Volontär der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen und empfiehlt folgende weiterführende Links:

http://www.visibleproject.org/

http://thesilentuniversity.org/

http://www.ahmetogut.com/

 

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