Kunstsammlung NRW
Katharina Hinsberg im Gespräch, Foto: Kunstsammlung / Arnika Fürgut
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„Feldern“ in der Kunstsammlung: 3 Fragen an die Künstlerin Katharina Hinsberg

Wer den Raum des „Labors“ im zweiten Obergeschoss des K20 am Grabbeplatz betritt, nimmt vielleicht zuerst ein ganz leises Rascheln war. Das leichte, fast beiläufige Geräusch entsteht durch den Luftzug der Klimaanlage, der das feine Seidenpapier, das in Stapeln rings herum im Raum deckenhoch angebracht ist, in eine sanfte Bewegung versetzt.

Die in Karlsruhe geborene und derzeit auf der Raketenstation Hombroich vor den Toren Düsseldorfs arbeitende Künstlerin Katharina Hinsberg hat für das "Labor" im K20 eine neue Arbeit geschaffen. "Feldern (Farben)" lautet der Titel der Installation, in der die Besucher selbst zum Mitwirken angeregt werden. „Feldern“ als Wortschöpfung? „Feldern“ als Einladung an den Besucher des Raumes?

Ja, denn jeder Papierstapel besteht aus quadratischen Feldern, bestehend aus 28 dünnen farbigen Papierlagen. Die Besucher können eine Lage oder mehrere entfernen, jedoch immer nur soweit es die Spielregeln erlauben. Zu Beginn war der Raum weiß, in der nächsten Etappe können die Blätter dann bis zur zweiten, der schwarzen Schicht entfernt werden. Wöchentlich kommt eine weitere Farbe hinzu. Durch die Teilnahme der Besucher entsteht also, wie häufig bei Projekten im Ausstellungsraum der Abteilung Bildung, während der Ausstellung ein Werk, das sich beständig wandelt.

#32 hat Katharina Hinsberg während der Vorbereitungen zum Gespräch getroffen. Eingangs verrät sie, dass wir uns inmitten von mehr als 74.000 Blättern Papier befinden.

Katharina Hinsberg im Aufbau, Foto: Künstlerin

 #32: Sie arbeiten an den Schnittstellen von Zeichnung und Installationskunst. Wie ist diese Arbeit entstanden?

Katharina Hinsberg: Der Installation Feldern ist eine Bodenarbeit vorangegangen, die ich für das Museum Ritter in Waldenbuch bei Stuttgart realisiert habe. Dort arbeite ich mit Seidenpapier, das farblich geschichtet auf dem Boden liegt. Die obere Schicht wird, in bestimmten zeitlichen Intervallen, zu Kugeln geknüllt und bleibt auf dem nun andersfarbigen Papiergrund liegen. So akkumuliert sich mit der Zeit ein Teppich aus farbigen Kugeln auf einem stets wechselnden Farbgrund. Feldern (Farben) ist zum einen sicher aus dieser konkreten Projekterfahrung hervorgegangen, zum anderen aus erweiterten bildnerischen Fragen – etwa zu Grund und Muster –, und natürlich spielen die Maßgaben der Einladung durch die Kunstsammlung, sowie der konkrete Raum des 'Labors' eine wesentliche Rolle.

#32: Durch das Mitwirken der Besucher erhält die Arbeit eine permanente Verwandlung. Was geschieht mit den abgenommenen Papieren? Gibt es ein Zurück?

Katharina Hinsberg: Ein 'Zurück' gibt es nicht, die Papiere werden unwiderruflich entfernt und vorhandene Setzungen damit gelöscht. Jeder partizipierende Besucher kann damit auf bisherige Setzungen reagieren oder diese überschreiben. 'Falsche' Entscheidungen kann es innerhalb der gesamten Konzeption gar nicht geben. Aber innerhalb individueller Gestaltungskonzepte können durchaus 'Fehler' auftauchen, die im Kontext ihres Musters verkehrt sind, ja, über dieses erst produziert werden. Das sind aber oft interessante, produktive Momente, weil man sich über seine Regeln auch hinweg setzen kann oder etwas anderes daraus entwickelt. Ich bin gespannt, wie sich der Umgang mit diesen Möglichkeiten entwickelt.

#32: Sie arbeiten zum ersten Mal in dieser Form mit den Besuchern. Haben Sie eine Vorstellung, wie der Raum am Ende der Ausstellung aussehen wird?

Katharina Hinsberg: Eigentlich arbeite ich ja gar nicht mit den Besuchern, sondern ich überlasse das Werk einem partizipativen bildnerischen Prozess, aus dem ich mich als Künstlerin zurückziehe. In dieser Offenheit ist das neu für mich. Bisher gab es aber immer wieder Installationen, in denen das Aufbauteam oder Besucher über ihren Umgang mit der Arbeit auch gestalterischen Einfluss nahmen. Ich bin gespannt, wie sich dieser Prozess im Labor nun entwickelt. Gesetzt sind, neben den wenigen Regeln, eigentlich nur Anfang und Ende der Projektes, beides 'weiße' Zustände des Raumes: am Anfang das Weiß des obersten Blattes, unter dem das Potential der Farben noch 'schläft', zuletzt das Weiß der entleerten Wand. Jedenfalls nehme ich an, dass der Raum am Ende ganz weiß sein wird.

Katharina Hinsberg vor dem Eingang zum Labor, Foto: Kunstsammlung / Arnika Fürgut

Wo fängt man bloß an zu „feldern“? Will ich, dass andere Besucher die Veränderung sofort bemerken oder möchte ich einen versteckten ersten Eingriff vornehmen, erst einmal üben, zum Beispiel neben dem Feuerlöscher, wo es keiner sieht?

#32-Autorin Alissa Krusch, die Katharina Hinsberg bei den Vorbereitungen besucht hat, ist sich sicher, dass auch dieses Labor-Projekt über die Zeit eine besondere Faszination entwickeln wird, für die sich auch der 3., 4. oder 5. Besuch lohnt. Besonders gespannt ist sie auf die "Auswertungen" einer fest installierten Kamera, die den Zustand der Arbeit über die Zeit dokumentieren wird. Der Zeitrafferfilm, der daraus entsteht, soll am Ende des Projektes auf #32 veröffentlicht werden.

Text und Interview: Alissa Krusch
Fotos: Arnika Fürgut und Künstlerin

Ausstellung "Feldern (Farben)"