Kunstsammlung NRW
Zero-Künstler Otto Piene, Günther Uecker und Heinz Mack, Foto: Daniel Roth / ZERO Foundation

Kunst-Kultstätte der 60er – Das ZERO-Haus in Düsseldorf

Ein unscheinbares Hinterhofhaus in der Hüttenstraße war in den 60er Jahren ein Hotspot der Kunst. Heute weltberühmte Künstler machten dort Station.

Dorothea Hülsmeier wirft für #32 einen Blick in das Atelierhaus der Zero-Künstler.

Pop-Art-Wegbereiter Robert Rauschenberg, Verpackungskünstler Christo, der Minimalist Robert Morris, der Werbemann Charles Wilp und der Tänzer und Choreograf Merce Cunningham – sie alle machten in den 1960er Jahren kurz Station in einem Hinterhof in der Hüttenstraße 104 in Düsseldorf.

Günther Uecker im Atelier, Foto: unbekannt / ZERO Foundation

Günther Uecker hatte die hohen Räume einer ehemaligen Möbelfabrik 1961 angemietet. Später zogen auch seine einstigen ZERO-Freunde Otto Piene und Heinz Mack in die Hüttenstraße. Um über die Runden zu kommen, vermietete Uecker die Atelierräume an internationale und heute weltberühmte Künstler, die Ausstellungen in Düsseldorf vorbereiteten. "Es war fast eine Kommune", sagt Tijs Visser, Leiter der ZERO Foundation über die Künstleravantgarde. "Es war ein Kommen und Gehen." Die von Mack, Piene und Uecker gegründete ZERO-Foundation lässt das seit den 60er Jahren fast unveränderte Atelierhaus mit Unterstützung zahlreicher Sponsoren sanieren und wird 2018 dort einziehen.  

Piene blieb als einziger dem einstigen Hotspot der Kunst treu. Bis zu seinem Tod im Sommer 2014 hatte er die Atelierräume gemietet und dort gearbeitet, wenn er in Deutschland war.  

Noch heute ist ein Besuch in der Hüttenstraße wie eine Zeitreise in die Geschichte. Auf dem Boden im Erdgeschoss sind noch bunte Farbkleckse zu sehen. Im ersten Stock ist die noch die weiße Fotowand von Charles Wilp aufgebaut, dessen berühmteste Kampagne die Afri Cola-Werbung war. Heinz Mack nutzte den Raum als Lichtlabor. Ein schwarzer Flügel steht verstaubt in einer Ecke.

Otto Piene im Atelier, Foto: Maren Heyne / ZERO Foundation

Der größte Schatz aber befindet sich im zweiten Stock: Pienes abgedunkeltes Feueratelier. Alles wirkt noch so, als käme gleich wieder. Bis kurz vor seinem Tod spielte er an dem langen Tisch mit dem Feuer. Ein Berg von Streichhölzern liegt noch auf den rostigen Metallplatten. Die Decke ist schwarz von Ruß.  

Unzählige offene Buntlack-Sprühflaschen stehen auf dem Tisch und auf dem Boden. Piene spritzte brennbare Flüssigkeiten auf Leinwände und zündete sie an. Ein noch unvollendetes gelbes Feuerbild mit schwarzer Sonne dürfte eines seiner letzten Werke gewesen sein.

"Piene ging hier um zwei Uhr nachts hin und arbeitete bis morgens vier oder fünf Uhr", sagt Visser. Niemand durfte das Feueratelier je betreten, nicht einmal Pienes Ehefrau Elizabeth. Die ZERO Foundation will den seit Pienes Tod unveränderten Ateliertisch erhalten und mit einer Glaswand vom Rest des Raumes abtrennen.  

Immer noch bringt das Feueratelier Überraschungen hervor. In einem Nebenraum fand die ZERO Foundation Bleiplatten mit den  Fingerabdrücken des Mailänder Konzeptkünstlers Piero Manzoni für die ZERO-Zeitschrift aus dem Jahr 1961.  

Im Dachgeschoss des Hauses wohnte Piene mit seiner Frau Elizabeth, wenn sie aus Boston zu Besuch nach Düsseldorf kamen. Eine kleine fensterlose Schlafkammer ganz in Blau ist wohl eine Reminiszenz an Yves Kleins Faible für Ultramarin. Eine einfache Kochecke und ein kleines Bad zeugen davon, dass die Pienes keinen Luxus brauchten.  

Am Ende konnte Piene die Treppen bis ins Dachgeschoss kaum noch hochgehen. Doch er trennte sich bis zuletzt nicht von dem Hinterhofhaus. Immer noch steht auf den verblassten Klingelschildern neben der schweren Eisentür: "Piene Atelier" und "Piene priv." 

Mit freundlicher Genehmigung der dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH, Hamburg, www.dpa.de
Text: Dorothea Hülsmeier, dpa

Das Atelierhaus in der Düsseldorfer Hüttenstraße, Foto: unbekannt / ZERO Foundation

Das Gebäude in der Hüttenstraße war am 23. April 2017 einen Tag lang für die Öffentlichkeit zugänglich – viele nutzten die letzte Gelegenheit, die Räume in ihrem ursprünglichen Zustand zu sehen. Ab Mai 2017 wird das Gebäude umgebaut, die Stiftung wird es nach der Sanierung im kommenden Jahr beziehen.

http://www.4321zero.com/news/ein-haus-fuer-zero-huettenstrasse-104

Die ZERO Foundation wurde 2008 in Kooperation mit den Künstlern Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker und dem Museum Kunstpalast gegründet und wird seitdem durch die Landeshauptstadt Düsseldorf finanziell unterstützt. Weitere Informationen zur Stiftung und zum Programm:

http://www.4321zero.com/foundation.html