Kunstsammlung NRW
Imi Knoebel, Foto: Ivo Faber, © Kunststiftung NRW
worldwide

Kaleidoskop der Versöhnung: Drei neue Fenster von Imi Knoebel für die Kathedrale von Reims

Nur wenige Tage nach der Einrichtung seiner Ausstellung im K21, in der Imi Knoebel dem großen russischen Suprematisten die Ehre erwies, eröffnete Imi Knoebel in Nordfrankreich sein nächstes Projekt.

Für #32 beschreibt Autor Welf Grombacher die neu geschaffenen Kirchenfenster in Reims.


Vom zweifellos „außergewöhnlichsten öffentlichen Auftrag, der an einen nichtfranzösischen, einen deutschen Künstler vergeben worden ist“, schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung 2011, nachdem Imi Knoebel aus Frankreich die Gestaltung von sechs Buntglasfenstern für die Kathedrale von Reims angetragen worden war. Jetzt schenkt der in Düsseldorf lebende Maler und Installationskünstler auf eigene Initiative drei weitere Kirchenfenster dem französischen Staat. Eine Geste der Wiedergutmachung und Versöhnung.

Dabei war Imi Knoebel zunächst zögerlich als 2008 die Idee an ihn herangetragen wurde. „Ich habe mit Religion nicht viel zu tun“, entgegnete der bekennende Atheist damals. Die Ehre aber war wohl doch zu groß. Für zwei Kapellen des Chorumgangs sollten die Fenster seinerzeit bestimmt sein und die von Marc Chagall aus dem Jahr 1972 einrahmen. Ausgerechnet in der Krönungskirche der französischen Könige in Reims, die deutsches Artilleriefeuer 1914 zerstört hatte.

Gerhard Richter hatte schon abgesagt. Sei es, dass er sich nicht mit Chagall messen, oder nach seinen Fenstern für den Kölner Dom nicht als religiöser Künstler vereinnahmen lassen wollte. Imi Knoebel überlegte und fand zu einer Form, die an „Messerschnitte/ Rot Gelb Blau“ aus den 1970er Jahren erinnerte.

Imi Knoebel sagte zu und entwickelte die frühe Collagetechnik dieser Serie weiter, indem er, ähnlich wie Henri Matisse vor ihm, mit der Schere direkt in die Farbe hinein und Figuren aus bemalten Papier herausschnitt, die bunten Splitter aus 27 Farben am Computer bearbeitete und neu gruppierte. Drei Jahre lebte er inmitten der Entwürfe für die Kirchenfenster, die in seinem Wohnzimmer an den Wänden hingen. Entstanden sind abstrakte Bilder eines Kaleidoskops, die sich beziehungsreich aufladen lassen. Die farbigen Scherben stehen ebenso für die Zerstörung des Krieges wie für die konstruktive Neuordnung danach.

Als Vertreter der Minimal Art und wohl bekanntester abstrakter Künstler der Gegenwart in Deutschland, bleibt der 1940 in Dessau geborene Imi Knoebel, der an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Joseph Beuys studierte, seinem Oeuvre treu und überzeugt zugleich mit einer dem Ort angemessenen Lösung.

Wie vielen seiner Kollegen schien ihm nach dem Zweiten Weltkrieg eine realistische Bildsprache nicht mehr möglich, er suchte nach neuen Ausdrucksmitteln und wendete sich von Kasimir Malewitschs Suprematismus beeinflusst den abstrakten Formen zu. Expressiv und konstruktivistisch zugleich sind auch die drei Kirchenfenster, die Imi Knoebel jetzt für die Kapelle der Jeanne d’Arc in der Kathedrale von Reims geschaffen hat.

Sie knüpfen an seine sechs Fenster des Chores an, sind aber farbenreicher. „Die Ikonographie des Alten und Neuen Testamentes wird ganz neu übersetzt, weg von allen Inhalten. Das Neue ist die Tiefe der farbigen Formen“, sagt der Künstler, für den Farbe nicht nur ein chromatischer Wert ist, sondern immer auch „Licht und Versöhnung“.

Eine „Geste der Wiedergutmachung und Versöhnung“ soll auch die Schenkung sein, die mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes und Förderung sowie Projektorganisation der Kunststiftung NRW realisiert werden konnte.

Durch die großartige Initiative Imi Knoebels sei, wie Außenminister Frank-Walter Steinmeier am 11. Mai 2015 bei der Einweihung mit seinem französischen Amtskollegen Laurent Fabius sagte, eine Narbe geschlossen worden: „Im Licht dieser Fenster strahlt eine neue Qualität der deutsch-französischen Freundschaft.“

Schöner lässt sich das nicht sagen.


Text: Welf Grombacher
Redaktion: Alissa Krusch
Fotos: Ivo Faber, mit freundlicher Unterstützung der Kunststiftung NRW

Abstrakte Formen von Imi Knoebel in Nachbarschaft eines Gemäldes und einer Gruppe von Zeichnungen des Künstlers Kasimir Malewitsch sind noch bis zum 30. August im K21 zu sehen. Die Malewitsch-Werke stammen aus einer großzügigen Schenkung, die die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr erhalten hat.

Imi Knoebel – Malewitsch zu Ehren


Weitere Fotos und Informationen auf den Seiten der Kunststiftung NRW

http://www.kunststiftung-nrw.de/de/home/imi_knoebel/#/

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht.
Erforderliche Felder sind markiert *