Kunstsammlung NRW
Installationsaufnahme der Klee-Ausstellung im K21, 2012, Foto: Achim Kukulies
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Wie der Maler Paul Klee in Düsseldorf unter „conservativen Geistern“ nicht heimisch wurde

Die Werke des Künstlers Paul Klee sind der Grundstock und das Herzstück der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen und sicherlich auch von vielen Besuchern Beginn des Rundgangs durch die Sammlung am Grabbeplatz. Neu erschienen ist das Buch "Paul Klee in Düsseldorf", das den etwa zweijährigen Aufenthalt des Künstlers in dieser Stadt betrachtet.

Für #32 haben wir Autor Welf Grombacher gebeten, das neu erschiene Buch zu besprechen.


Richtig heimisch wird Paul Klee am Rhein nie. Im Herbst 1931 verlässt der damals 52-jährige Maler Dessau, nimmt das Angebot von Direktor Walter Kaesbach an und geht an die Düsseldorfer Kunstakademie.  Die gilt im Vergleich zum avantgardistischen Bauhaus, an dem er die vergangenen elf Jahre tätig war, zwar als verhältnismäßig reaktionär. Doch er hofft dort mehr Zeit für sich und sein eigenes Werk zu haben. Den Rest redet er sich schön. Zwar gebe es nicht „lauter Genies“ wie in Dessau, schreibt er im Brief an seine Gattin Lily. Aber: „Auch conservative Geister setzen sich intensiv mit dem Fortschritt auseinander, sie sind zum Teil ehrlicher als die Modernisten, darum interessanter.“

Wie ehrlich „konservative Geister“ mitunter sein können, muss Paul Klee schon vor der Ankunft in Düsseldorf aus der örtlichen Presse erfahren, die gleich nach seiner Berufung kritisch hinterfragt, ob seine „Lehrtätigkeit nicht zur Vervielfältigung einer sehr eigentümlichen Malerei führen wird“? Die 1977 geborene Kunsthistorikerin Nicole Roth wandelt im gleichnamigen Büchlein nun auf den Spuren von „Paul Klee in Düsseldorf“. Ein knapper, aber profunder Abriss mit zahlreichen Bildern, der das kurze Intermezzo des Malers am Rhein gut lesbar aufarbeitet. Jeden Tag verbringt Klee in seinem Atelier in der Akademie, nur sonntags nicht, weil da nicht geheizt wird. Mit seinen Schülern pflegt er ein reserviertes aber freundliches Verhältnis, bietet ihnen nach dem Unterricht schon mal eine Zigarette an - „zur Belohnung“.

Die Tür zum Atelier aber lässt er meist geschlossen. Mit dem Malerkollegen Jankel Adler, der zwar nicht dem Kollegium angehört, aber ein Gastatelier in der Akademie besitzt, vereinbart er extra ein Klopfzeichen, wie der später in seinen „Erinnerungen an Paul Klee“ berichtet: „Dies war notwendig, weil Klee durch die vielen Besucher gestört wurde.“ Vor allem seine Anfang 1931 in Dessau begonnene Reihe der mit pointilistischem Pinselstrich gemalten Polyphonen Bilder entwickelt Klee fort, die aufgrund des größeren Ateliers nun größere Ausmaße annehmen. Bei den Professoren ist Klee beliebt. Wenn sie in den langweiligen Sitzungen des Lehrkörpers vor sich hin kritzeln, sammelt er danach die Blätter ein und konzipiert, den frotzelnden Bemerkungen seines Freundes Heinrich Campendonck nach, „aus jedem dritten Strich auf diesen Blättern ein neues Bild.“

Klee wohnt zur Untermiete. Weil seine Frau noch in Dessau weilt, muss er den Haushalt erledigen. Wenn er auch noch die Wäsche selber mache, so schreibt er an sie im Spaß, sei er „universaler als Goethe“. Als er im April 1933 in Düsseldorf endlich ein passendes Haus für die Familie gefunden hat, haben die mittlerweile an die Macht gekommenen Nationalsozialisten schon Direktor Kaesbach entlassen. Auch Klee wird zunächst beurlaubt, zum 31. Dezember erfolgt dann die Kündigung. Die Umzugskisten sind da noch gar nicht alle ausgepackt. Der Künstler geht in die Schweiz ins Exil. Zwanzig Jahre nach seinem Tod erwirbt das Land Nordrhein-Westfalen 1960 ein Konvolut von 88 Werken aus einer amerikanischen Privatsammlung. Die Werke bilden den Grundstock für die ein Jahr darauf gegründete Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen.


Nicole Roth: Paul Klee in Düsseldorf. Stationen Reihe Band 15. Morio Verlag, 72 Seiten, 7,95 Euro, ISBN 978-3-945424-12-4

Text: Welf Grombacher