Kunstsammlung NRW
Foto: Detail Andy Warhol "Große zerrissene Campbell`s Suppendose (Schwarze Bohnen)", 1962

Reisevorbereitungen einer „Suppendose“

Jessica Lunk hat Andy Warhols „Große zerrissene Campbell`s Suppendose (Schwarze Bohnen)“ von 1962 erst von fast 13 Metern schwarzem Klebeband befreit und dann auf eine Reise nach Madrid geschickt. Auf #32 erklärt sie, wann sogar das Skalpell zum Einsatz kam und was die Düsseldorfer „Suppendose“ so besonders macht.

„Das schwarze Klebeband ist sicher nicht von Andy Warhol!“: Diese Tatsache stand für die Restauratoren der Kunstsammlung nach gemeinschaftlicher Begutachtung des Leinwandgemäldes „Große zerrissene Campbell`s Suppendose (Schwarze Bohnen)“ von Andy Warhol fest. Das Werk sollte im Juni für die Ausstellung „Mitos del Pop“ nach Madrid ausgeliehen werden und wurde im Vorfeld hinsichtlich seines Zustandes in der Restaurierungswerkstatt der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen genau in Augenschein genommen. Sofort aufgefallen war dabei ein ungewöhnliches schwarzes Klebeband um den Spannrahmen des Werkes.

Andy Warhols Leinwandgemälde aus dem Jahr 1962 zeigt eine große Campbells Suppendose vor hellgrauem Hintergrund mit einem zerrissenen Etikett, das die Sicht auf das Metall der Dose in der Mitte freigibt. Mit Acryl auf Leinwand ausgeführt und 183 x 137 cm groß, erwies sich das Werk in einem guten Zustand. Ein umlaufend an den Bildseiten – den Spannkanten des Werkes – angebrachtes schwarzes Klebeband störte jedoch den originalen Charakter des Leinwandgemäldes erheblich – umso mehr, da das Klebeband die vordere Spannkante wenige Millimeter überlappte.

Rückgewinnung der Authentizität

Von der Vorderseite betrachtet, erhielt das Werk dadurch eine dünne schwarze Umrandung, die das Bild wie ein gerahmtes Plakat erschienen ließ. Durch die Untersuchung des Gemäldes konnte rekonstruiert werden, dass das Werk zu einem unbekannten Zeitpunkt doubliert wurde, das heißt die originale Leinwand ist mit einem zweiten Stützgewebe hinterklebt. Diese Methode wurde häufig angewendet, wenn beispielsweise die originalen Spannränder beschädigt waren oder gänzlich fehlten. Es war üblich, anschließend den Spannrand mit einem Klebeband zu versehen, um das Schadensbild zu verdecken und damit ein „ästhetischeres“ Gesamtbild zu erhalten.

 

Foto: Spannrahmen mit schwarzem Klebeband

Die Entscheidung das schwarze Band gänzlich zu entfernen, war schnell gefällt und stellte keine konservatorische oder restauratorische Notwendigkeit dar. Vielmehr war die Rückgewinnung der Authentizität des Werkes, seiner Originalität, das entscheidende Kriterium – zumal es sehr wahrscheinlich schien, dass es sich dabei um eine spätere Zutat handelte, die nicht von Andy Warhol selbst beeinflusst wurde. Nach ersten Probeversuchen ließ sich das schwarze Klebeband relativ einfach mechanisch mit dem Skalpell abnehmen. Zum Vorschein kam dabei ein weiteres braunes Papierklebeband, das mit einem Lösemittelgel angelöst und vorsichtig abgenommen werden konnte. Insgesamt wurden so ganze 12,80 m Klebeband über mehrere Wochen mit Engelsgeduld entfernt.  Die nun freigelegten originalen Spannränder offenbarten den Grund für die durchgeführte Doublierung, denn diese waren einst komplett von der Bildvorderseite abgetrennt gewesen.

Die Düsseldorfer Suppendose

Die wochenlange Abnahme des Klebebandes und das anschließende Kitten und Retuschieren der vorderen Umspannkante haben sich in jedem Fall gelohnt: Das Werk hat aus ästhetischer Sicht gewonnen und lässt das originale Erscheinungsbild der „Suppendose“ wieder zur Geltung bringen – und unterstreicht dadurch weiter ihre Besonderheit. Denn: Die Düsseldorfer „Suppendose“ erweist sich als ein hervorzuhebendes Werk innerhalb des Schaffens Warhols. Die Campbells Suppendose wurde vom amerikanischen Pop Art-Künstler zwar in zigfachen Variationen im Siebdruckverfahren ausgeführt. Beim Düsseldorfer Leinwandgemälde von 1962 handelt es sich jedoch um eine von insgesamt nur sechs nachweisbaren Versionen, die ein zerrissenes Etikett aufweisen und dazu noch von Warhol handgemalt wurden, bevor er sich im selben Jahr dem Siebdruckverfahren zuwandte.

Andy Warhols „Große zerrissene Campbell`s Suppendose (Schwarze Bohnen)“ ist nun ohne Klebeband im Museo Thyssen-Bornemisza in Madrid in der Ausstellung „Mitos del Pop“ zu bewundern. Wem die Reise zu weit ist, kann das Werk aber aller Voraussicht nach Ende des Jahres wieder in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Augenschein nehmen!

 

Jessica Lunk ist Volontärin in der Restaurierung der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen. Als Restauratorin hat sie sich auf die Konservierung und Restaurierung von moderner und zeitgenössischer Kunst spezialisiert.

Die Ausstellung "Mitos del Pop" im Museo Thyssen-Bornemisza in Madrid läuft noch bis zum 14. September 2014.

www.museothyssen.org