Kunstsammlung NRW
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this & that

Alles Digital? Kunst im Netz – ein Jahresrückblick

Sobald die Tage wieder länger werden, ist die Zeit für Jahresrückblicke gekommen. Im vergangenen Jahr hat sich das Team der digitalen Kommunikation der Kunstsammlung jeden Tag in den sozialen Netzwerken getummelt und aufmerksam neue digitale Entwicklungen im Kunst- und Museumsbereich beobachtet.

Für #32 fasst Autorin Alissa Krusch die digitalen Kunst- und Museumstrends des Jahres 2014 zusammen.

Eins vorneweg: 2014 war kein Jahr aufsehenerregender Relaunches im Museumsbereich. Nach dem viel besprochenen Auftritt des Rijksmuseum 2013, bei dem nicht nur eine von Grund auf neu gestaltete Seite, sondern auch das umfangreiche Rijksstudio – zugleich digitale Sammlung und Ausgangspunkt für eigene Kollektionen – vorgestellt wurde, sind es 2014 eher die kleineren Projekte und individuellen Lösungen, die aufgefallen sind. Verbesserungen an Serviceangeboten, neue Blogs und Magazine, besonders gelungene Gestaltungen. Und – passend zum allgemeinen Trend – vor allem ganz viel mobile Nutzung.


2014: Alle mobil?

Wenn sich ein Trend in den vergangenen 12 Monaten ausmachen lässt, ist es aus Museumssicht die Fokussierung auf die mobile Nutzung. Während es in den deutschen Museen schon längst keine Frage mehr zu sein scheint, ob das örtliche Haus eine Facebook-Seite oder einen Youtube-Kanal besitzt - teilweise wird angesichts der zunehmenden Kommerzialisierung der Netzwerke und aktueller Datenschutzdebatten sogar eher die Frage gestellt, ob man sich nicht von den Big Playern der Digitalwirtschaft abmelden sollte. Auf jeden Fall aber trat spätestens 2014 die mobile Nutzung digitaler Angebote in den Blick.

Unabhängig der Überlegungen, welches Material man dem Besucher auf dem Weg zum Museum an die Hand geben kann (als eine Möglichkeit stellten die Frankfurter Kollegen von Städel und Schirn das erste Digitorial vor), stellt sich die Frage wie die Bedürfnisse der Besucher von morgen die Museumsräume verändern werden. Reicht ein kostenloses WLAN-Netz, das die Servicequalität steigert? Wie sieht es mit der Freigabe des bis vor kurzem allgemein akzeptierten Fotografierverbotes aus? Populärstes Sinnbild dieser für den Museumsbetrieb grundsätzlich zu klärenden Fragen ist vielleicht das Museum Selfie (#museumselfie), das 2014 die sozialen Netzwerke eroberte und inzwischen zu einem veritablen Social-Media-Klassiker mutiert ist, der von den Häusern selbst bisweilen euphorisch weiter getragen wird.

Ganz klar: Gamification

Gehört es darüber hinaus inzwischen eigentlich zum Standard, dass Museumswebsites und Anwendungen responsiv sind (sich also von selbst an die Auflösung des Smartphones oder Tablets anpassen), gibt es im deutschsprachigen Raum zunehmend auch eigene Museumsapps und Augmented Reality-Anwendungen, die häufig Teil der Kunstvermittlung oder eines konkreten Ausstellungsprojektes sind (z.B. Olafur Eliasson: Your exhibition guide im Frühjahr bei uns im K20). Die Tendenzen der Gamification, also der Durchsetzung mit spieltypischen Elementen auch in ursprünglich nicht spielerischen Zusammenhängen, sind hierbei nicht zu übersehen.

Während deutsche Kunstmuseen traditionell noch recht behutsam mit den eigenen Daten umgehen, haben große internationale Häuser vor allem im angelsächsischen Raum und in den Niederlanden der App-Entwicklerszene in verschiedenen Projekten den offenen Zugang zu ihren Daten gewährt, loben Wettbewerbe aus und prämieren die besten entstandenen Apps. Das V&A in London lobte erstmals eine Game Design Residency im Museum aus, aus der die App Strawberry Thief hervorging.

Eine weitere Möglichkeit ist, digitale Spiele unmittelbar in den Ausstellungsraum zu integrieren, wie am Beispiel des Spieletischs in der neu eingerichteten Sammlungspräsentation des LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster.


Der Dauerbrenner: Sammlungen digitalisieren

Eine andere Perspektive nehmen weiterhin die Digitalisiserungsprojekte ein, an denen 2014 Institutionen aller Größe weiterhin arbeiten. Gerade die Kunstmuseum, die in ihrer Verpflichtung dem Original gegenüber eher zögerlich begonnen haben, holen nun auf, was die Bibliotheken und naturkundliche und historische Museen vorgelegt haben – teilweise unterstützt durch aufwändige technische Verfahren wie etwa dem 3D Scanner des Fraunhofer Instituts .


Eigenes digitales Museums vs. Google Arts Project

Gar nicht zögerlich widmet sich Google dem Thema der digitalen Museumsrundgänge. Beim Google Arts Project sind Ende 2014 weltweit ein überwiegender Teil der größten Kunstmuseen längst dabei. Die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass neben den Street View-ähnlichen Fahrten durch die Räume auch Werksabbildungen gesammelt werden (fast dreihundert der 460 Sammlungen insgesamt). Mit dem kontinuierlichen Ausbau der Plattform wurde 2014 das so genannte Cultural Institute gegründet, das die kulturellen Aktivitäten des Konzerns bündelt. Derzeit sind neben dem Arts Projekt zwei weitere Projekte online: Außenansichten-Ansichten von „Weltwundern“ und User-generierte Informationsausstellungen zu historischen Themen vom „Spanischen Bürgerkrieg“ bis zur „Geliebten Technik der 50er Jahre“.

 

Und die Künstler?

Diejenigen unter ihnen, wie etwa Olafur Eliasson oder AiWeiwei, die digitale Techniken längst in ihr künstlerisches Repertoire aufgenommen haben, haben auch 2014 hier und da neue Websites vorgestellt oder ihre Aktivitäten über soziale Medien verbreitet. Um den künstlerischen Ausdruck im Netz und mit dem Netz hingegen scheint es ruhiger geworden zu sein, zumindest ist er online aus der allgemeinen Wahrnehmung verschwunden. Interessanterweise ist es gerade das sehr analoge künstlerische Medium der Streetart, das von der digitalen Kunstcommunity in Berlin und Hamburg, an Rhein und Ruhr in unzähligen Blogs, Fotoalben und tweets gefeiert wird.

 

In between: ArtOnYourScreen

Aber es gibt sie, die Kunst im Netz: Das ZKM in Karlsruhe stellte gemäß seinem Gründungsauftrag in diesem Jahr eine vielversprechende neue Ausstellungs-Plattform vor: http://aoys.zkm.de/ArtOnYourScreen (abgekürzt als AOYS) lässt Medienkünstler online Werke produzieren. AOYS, für das Karlsruher Zentrum zugleich „digitales Schaufenster“ und Forschungsprojekt an der Schnittstelle aller Kunstgattungen, wird innerhalb eines Jahres 12 Künstlerinnen und Künstler einladen, Werke zu gestalten. Das Projekt, das vom seit vielen Jahren in Sachen Netzkunst erfahrenen Kurator Matthias Kampmann betreut wird, zeigt derzeit den »Weibel-/Manning-Bot« von Lynn Hershman Leeson, mit dem der virtuelle Besucher in eine Frage- und Antwortmaschine des Museumsdirektors verwickelt wird. Unbedingt ausprobieren!

 

2015: Und wie geht es weiter?

Kein Rückblick ohne Ausblick: Vermutlich werden Museen und Kultureinrichtungen 2015 verstärkt an ihren digitalen Strategien arbeiten, um all ihre Aktivitäten sinnvoll zu bündeln. Lebendige Social Media-Konzepte und optimierte Webseiten reichen Mitte des Jahrzehnts nicht mehr aus. Vielmehr müssen digitale Gesamtstrategien entstehen, die alle Bereiche der Institution betreffen, inhaltlich wie technisch/strukturell. Vielleicht entsteht in der Zusammenarbeit 2015 eine einheitliche Position zum Umgang mit dem Urheberrecht im digitalen Zeitalter, wünschenswert wäre auch ethische Fragen, wie etwa zum Datenschutz, stärker in den Fokus zu rücken. Es bleibt zu hoffen, dass sich der Trend für mehr Personal, größere Budgets und qualifizierte Ausbildung im digitalen Bereich weiter fortsetzt. Und eines ist sicher: Der nächste Social Trend wird auch im Kulturbereich nicht lange auf sich warten lassen...

 

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