Kunstsammlung NRW
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Bekommt NRW bald Kodex zum Umgang mit Kunst im Landesbesitz?

Durch Schaden klug zu werden, gehört zu den besseren menschlichen Eigenschaften. Und der kulturpolitische Schaden für Nordrhein-Westfalen war beträchtlich, als der Casinobetreiber Westspiel, Tochter der landeseigenen NRW-Bank, unlängst kapitale Warhol-Gemälde zur Sanierung der Unternehmenskasse in den USA versteigern ließ. Bekommt Nordrhein-Westfalen demnächst einen Kodex, der den Umgang von Unternehmen der öffentlichen Hand mit ihrem Kunstbesitz seriös regelt?  

Eine entsprechende Selbstverpflichtung ist nun an dem Runden Tisch entstanden, der auch die Übergabe von Kunstwerken der West-LB-Nachfolge Portigon in Stiftungs- und damit Bürgerbesitz vorbereitet hat. Kulturministerin Christina Kampmann und die Direktorin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Marion Ackermann, haben den Kodex jetzt im Kulturausschuss des Düsseldorfer Landtages erläutert.

Für #32 hat Gerd Korinthenberg die beinahe historische Sitzung beobachtet: Wenn Parlament und Landesregierung das Papier "absegnen", wäre dieser Kultur-Kodex ein Modell für den Rest der Republik und kann nach den Worten von Ministerin Kampmann "auch für andere Bundesländer eine Vorreiterrolle einnehmen".

Insgesamt sechs Punkte sind im Entwurf des Papiers aufgelistet, die sicherlich in den kommenden kulturpolitischen Diskussionen zu ganz unterschiedlich heftigen Reaktionen führen werden. So schreibt der Kodex den landeseigenen Unternehmen unmissverständlich ins Stammbuch, dass die Erträge aus eventuellen Kunstverkäufen ausschließlich der Kulturförderung zu dienen haben. Jede Art von Veräußerung sei zuvor mit "kulturfachlichen Expertinnen und Experten" zu beraten. Überhaupt sei als "eine Form von Transparenz" (Ackermann) jede Trennung von Werken, deren anschließender Verbleib und weitere Verwendung zuvor mit einer breiteren Fachöffentlichkeit zu diskutieren. Priorität müsse sein, dass die verkauften Kulturgüter in Museen oder Kultureinrichtungen im Bundesland bleiben.

Ein weiteres "Transparenzgebot" bestehe darin, dass sich die Unternehmen verpflichteten, ihre erworbenen Kunstwerke zu inventarisieren, zu erforschen und zu dokumentieren. Besondere Sensibilität verlangt der Kodex in punkto Schutz und Erhalt des materiellen wie geistigen Erbes: Dies müsse auch bei baulichen Veränderungen für "Kunst und Bau"-Werke gelten. Ferner sollten die Unternehmen der öffentlichen Hand ihre Kunstwerke allgemein zugänglich machen sowie für die Forschung und für Ausstellungen zur Verfügung stellen.

Schließlich sollten die Firmen-Verantwortlichen bereits beim Aufbau einer Sammlung, bei Präsentation, Depot-Lagerung oder auch Inventarisierung und Restaurierung den Rat von Experten suchen. Die Zerstörung eines nicht mehr funktionierenden Lichtkunstwerkes von Heinz Mack, das vor einigen Jahren in Aachen auf dem Müll gelandet ist, wäre mit kundigem Rat eines Restaurators sicherlich zu verhindern gewesen, erläutert Kunstsammlungs-Chefin Ackermann. Mit deutlich formulierten Statuten müssten die Unternehmen über die Absichten ihres Kunsterwerbs Klarheit schaffen: Dienen die Kunstkäufe einer Unterstützung der Corporate Identity, der Repräsentation, der Künstlerförderung oder der Begegnung der Mitarbeiter mit Kunst?

Ohne Zweifel gebe es bei der klaren Darlegung der eigenen Sammler-Motive, "viele Unternehmen, die das vorbildlich tun. Aber: Dies sollten Grundgebote für alle sein", forderte Ackermann.