Kunstsammlung NRW
Dr. Hagen Lippe-Weißenfeld, Christina Kampmann, Norbert Walter-Borjans, Dr. Peter Stemper (v.l.n.r. hinten), Dr. Marion Ackermann (vorne)

296 Kunstwerke und eine "Lady": neue Stiftung "Kunst im Landesbesitz" gegründet

Eine neue Stiftung sichert die umfangreiche Kunstsammlung der havarierten Westdeutschen Landesbank (WestLB)  für die Museen und damit für die Bürger Nordrhein-Westfalens. Wie die Kunstkollektion des West-LB-Rechtsnachfolgers Portigon in einer bemerkenswerten kulturpolitischen Aktion in den öffentlichen Besitz gelang ist, hat Gerd Korinthenberg für #32 beobachtet:

Es lag fast Feierstimmung, aber auf jeden Fall Erleichterung in der Luft, als die Verantwortlichen aus Politik, Wirtschaft und Kultur in der 16. Etage des NRW-Kulturministeriums ihre Unterschriften unter diverse Dokumente und Urkunden setzen. Genau 296 Kunstwerke und die legendäre Stradivari "Lady Inchiquin" des Stargeigers Frank Peter Zimmermann sind von nun an Besitz der NRW-Bürger, genauer: einer neuen unselbständigen Stiftung, die an die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen angegliedert ist. Mit exakt 29 264 385 Euro bezifferte Kultusministerin Christina Kampmann den materiellen Wert dieses "Schatzes", wobei die an Portigon fließende Kaufsumme über ein kompliziertes Vertragswerk zwischen Finanz- und Kulturministerium per Darlehen der landeseigenen NRW-Bank gesichert ist.

Neben der weltberühmten, 300 Jahre alten "Lady" und einem Altarbild des Frührenaissance-Meisters Giovanni di Paolo als weiteres äußerst wertvolles Einzelstück enthält das Konvolut Werke unter anderem von Albers, Beuys und Richter, von Feldmann, Macke, Genzken, Knoebel oder Uecker. Acht Stücke werden in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingetragen. Da ohne Bezug zu NRW, sind 103 Kunstwerke nicht für den Erwerb ausgewählt worden.  

Mit wissenschaftlicher und organisatorischer Unterstützung der Kunstsammlung NRW sollen die Bilder künftig von der neugegründeten Stiftung "Kunst im Landesbesitz" an Museen zwischen Rhein und Weser verliehen werden. Neben dieser "Verteilerfunktion" könne diese Stiftung künftig weiteren Kunstwerken aus Landesunternehmen eine Heimat bieten und sie damit vor möglichem Verkauf schützen, blickte Kunstsammlungs-Direktorin Marion Ackermann nach vorn.

Unausgesprochen stand damit der heftig kritisierte Verkauf von zwei kapitalen Warhol-Werken aus dem von einem landeseigenen Träger betriebenen Spielkasino Aachen im Raum: Die umstrittene Auktion, gegen die Medien und zwei Dutzend Museumschefs in NRW vehement protestiert hatten, hatte zwar 120 Millionen Euro, der Kulturpolitik des Landes aber auch bundesweiten Spott und anhaltende Kritik eingebracht.

Ein am Runden Tisch der Portigon-Verhandlungen entstandener ethischer Kodex zum sorgsamen Umgang mit Kunst in Landesbesitz solle dafür sensibilisieren, dass Kunst in Öffentlicher Hand "immer verpflichtet", betonte Ackermann. Sollte das Landes-Kabinett in Düsseldorf diesem Kodex demnächst zustimmen, hätte NRW aus dem früheren Schaden gelernt - und bei der öffentlichen Diskussion um die Verantwortung des Staates für "seine" Kulturgüter unter den deutschen Bundesländern die Nase vorn.