Kunstsammlung NRW
Foto: Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen

Untitled: Klangfarbtöne in der Sammlung Dorothee und Konrad Fischer

Die Workshop-Reihe Untitled der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen eröffnet außergewöhnliche Perspektiven auf moderne und zeitgenössische Kunst. So nahm vor Kurzem eine Gruppe junger Leute die Ausstellung „Wolke & Kristall. Die Sammlung Dorothee und Konrad Fischer“ im K20 Grabbeplatz unter die Lupe, auf der Suche nach Schnittstellen von Bildender Kunst und Musik. Für #32 berichtet Henny Friedrich, die den Workshop zusammen mit Hagen Scheer konzipiert hat.

In Düsseldorf weihnachtet es schon ganz ordentlich, als sich eine Gruppe junger Neugieriger am 10. Dezember 2016 zum Untitled-Workshop „Vision & Sound“ versammelt. In einer Zeit, in der es draußen zunehmend glitzert und funkelt, süßlich duftet und besinnliche bis kitschige Versprechungen aus den Lautsprechern erklingen, startet im K20 ein auf den ersten Blick recht spartanisches Kontrastprogramm: Auf dem Programm stehen Minimal-Art und -Musik.

Erstmals präsentiert die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in diesen Tagen die neuerworbene Sammlung des Künstler- und Galeristen-Ehepaars Dorothee und Konrad Fischer. In ihren Ausstellungsräumen ebneten beide der Minimal- und Konzept-Kunst den Weg ins deutsche wie internationale Kunstgeschehen, boten Avantgarde-Künstlern aus der ganzen Welt einen Raum für fruchtbare Begegnung und kreativen Austausch. Ganz in Düsseldorfer Tradition, in der sich Bildende Kunst und Musik oft ganz nahe sind, verwischten auch hier die Grenzen zwischen sicht- und hörbarem Werk.

Zum Einstieg in die minimalistische Materie macht der Medienkünstler und Musikinformatiker Phillip Schulze die Teilnehmenden mit den Vorreitern der Minimal Music bekannt: Um 1950 wandten sich vornehmlich amerikanische Komponisten wie Steve Reich, La Monte Young, Philip Glass oder Alvin Lucier ab von eingespielten Melodien und Harmonien. Stattdessen arbeiteten sie mit isolierten Tonabfolgen, bedienten sich repetitiver Strukturen und experimentierten mit analogen und elektronischen Klangerzeugern.

Fotos: Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen

Nach den einleitenden Worten führt die Gruppe gemeinsam das Stück „Vespers“ von Alvin Lucier auf:  Dabei bewegen sich die Performer mit verbundenen Augen ähnlich wie Fledermäuse mittels knackender Blechfrösche durch den Raum. Die unregelmäßigen Knacklaute entfalten sich zu einem satten Rhythmus, der den Raum und seinen Eigen-Klang erfahrbar macht. Die Notationen eines zweiten Werks, La Monte Youngs „Poem for Chairs, Tables, Benches, etc.“, bilden die Grundlage einer komplexen Möbelrück-Kakophonie. Es gilt, ausgewählte Objekte in einer zuvor festgelegten Dauer und Wiederholung im Raum zu bewegen. Und erneut überrascht der komplexe Sound einer scheinbar banalen Zufallskomposition. In der endlosen Aneinanderreihung – dem sogenannten Loop –, der Ent- und Beschleunigung und zeitlichen Überlagerung eines eingesprochenen Satzes besteht das dritte Klangexperiment: In Anlehnung an Steve Reichs „It’s Gonna Rain“ komponiert die Gruppe einen eigenen Minimal-Track mit elektronischen Hilfsmitteln.

Das Resultat mit dem Titel "Sicherheit" kann hier angehört werden:



Foto: Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen

Mit dem langjährigen Leiter der Galerie und Wegbegleiter der Fischers, Thomas Rieger, geht es abschließend weiter in die Ausstellungsräume des K20. Hier erwarten die Teilnehmenden die bildnerischen Vertreter der Minimal Art. Und nach den eigenen praktischen Erlebnissen scheinen die Parallelen zwischen Bildender Kunst und Musik umso klarer: Beispielhaft verdeutlichen die Arbeiten von Bruce Nauman, Sol LeWitt, Carl Andre und Hanne Darboven, dass Material durchaus einen eigenen Klang hat, dass Farbe ihre spezifischen Töne hervorbringt und Struktur sich in Rhythmus übersetzen lässt.

 

Untitled - Das junge Begleitprogramm für alle unter 30

Offen, experimentell und quergedacht entdecken die Teilnehmer von „Untitled“ moderne und zeitgenössische Kunst auf Umwegen.

Nächster Termin:
Preview für Schüler_innen und Studierende zur Ausstellung „Otto Dix – Der böse Blick“
Freitag 10.02.17, 16.00 Uhr
Treffpunkt: Foyer im K20 Grabbeplatz