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Gewebtes Holocaust-Mahnmal: "Six Prayers" von Anni Albers im K20

An einem Montag Ende Juli fand sich noch einmal das restauratorische Team in der Ausstellung "Anni Albers" zusammen und nahm eine besondere Leihgabe aus New York in Empfang.

Für die letzten sechs Wochen erhält die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen eine ganz besondere Leihgabe aus New York: "Six Prayers" (1966/67), die aus konservatorischen Gründen nur noch äußerst selten gezeigt werden können, wird von nun an als einer der Höhepunkte der Ausstellung bis zu ihrem Ende am 9.9.2018 zu sehen sein.

Wir zeigen Fotos vom Aufbau und aus der Ausstellung im K20.


Das Werk war in den vergangenen Jahrzehnten nur zwei Mal auf Ausstellungstourneen im Zusammenhang mit dem Werk von Anni Albers in Europa zu sehen. Es steht exemplarisch für eine große künstlerische Leistung: die enge Verzahnung von abstrakter Kunst mit der traditionsreichen Kulturtechnik des Webens.

Mit dem subtilen Gewebe aus zumeist grauen, braunen und beigefarbenen Fäden, in das silbernes Metallgarn hellere Akzente setzt, wollte Anni Albers eine meditative Gedenkstätte für die Opfer des Holocaust schaffen. In den Grund webte sie weiße und schwarze Fäden ein, deren Spuren wie ein nicht entzifferbarer Text anmuten.

Das fast zwei Meter hohe und drei Meter breite Bildgewebe aus Baumwolle, Leinen, Bast und Metallgarn zählt zu den Hauptwerken der am Bauhaus ausgebildeten Weberin Anni Albers, die 1933 mit ihrem Mann, dem Maler Josef Albers, in die USA geflohen ist. Entstanden ist "Six Prayers" im Auftrag des Jewish Museum/New York. Es soll an die sechs Millionen ermordeter Juden Europas erinnern.

Anni Albers in ihrem Studio im Black Mountain College, 1937, Fotografie von Helen M. Post, Courtesy Western Regional Archives, State Archives of North Carolina

Bevor Anni Albers die "Six Prayers" webte, hatte sie einige Vorhänge für Thora-Schreine in amerikanischen Synagogen geschaffen. Gemeinsam mit den "Pictorial Weavings", ihren Bildwebereien, zu denen auch "Six Prayers" gehört, stellen sie ein bedeutendes Kapitel im Werk der Künstlerin dar. Sie sind als Entwurf ebenfalls unter den rund 300 Textilobjekten, Grafiken und Dokumenten in der Ausstellung im K20 zu betrachten.

Auf internationalen Ausstellungstourneen in Europa und den USA hatten die "Six Prayers", deren schmale Stoffbahnen an jüdische Gebetsschals erinnern, große Aufmerksamkeit erhalten.

Ein amerikanischer  Kunstkritiker urteilte: "...ein wichtiges Werk über den Holocaust, das die würdige Präsenz eines religiösen Rituals aufweist."

Die Ausstellung "Anni Albers" ist noch bis zum 9. September im K20 zu sehen.

Text und Fotos auf dieser Seite:
Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen.
Für das Werk von Anni Albers: © The Josef and Anni Albers Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn 2018