Kunstsammlung NRW
Bibliothekarin Marimba Williamson mit einigen Büchern, die den Besuchern der Miró-Ausstellung zum Blättern und Lesen zur Verfügung stehen. Alle Fotos: Kunstsammlung
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Ein Leben mit Büchern: Einblicke in die Bibliothek Joan Mirós

3 Fragen an:
Marimba Williamson, Bibliothekarin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen

Joan Miró und Marimba Williamson haben etwas gemeinsam: Beiden kann man eine große Liebe zur Literatur nicht absprechen. Williamson, Bibliothekarin an der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, stand im vergangenen Jahr vor einer ganz besonderen Aufgabe, der sie leidenschaftlich gern nachkam: Die Büchersammlung des Künstlers Joan Miró (1893-1983) spielt in der großen Miró-Ausstellung im K20 am Grabbeplatz (Miró. Malerei als Poesie, 13.06. – 27.09.) eine besondere Rolle; etwa 120 Bücher wurden in die Präsentation integriert, eine Leseecke lädt die Besucher zum Schmökern ein.

Für #32 beantwortete Marimba Williamson, die die Bücher für das K20 gemeinsam mit den Kuratorinnen ausgewählt, beschafft und für die Präsentation vorbereitet hat, drei Fragen über die Lesegewohnheiten des Künstlers.

#32: Für die Ausstellung ist ein Teil der Bibliothek Mirós nachempfunden worden. Wie seid ihr dabei vorgegangen? Was wird in Düsseldorf gezeigt?

Marimba Williamson: Ich habe mich natürlich erst mit der Person Miró beschäftigt: Mit welcher Literatur hat er sich beschäftigt? Was hat er gelesen – und warum? Äußert sich das in seiner Kunst und wenn ja, wie?
Da wir in der Ausstellung eine große Auswahl an Künstlerbüchern zeigen, die Miró mit führenden Literaten, Verlegern und Druckern seiner Zeit angefertigt hat, war uns schnell klar, dass wir uns auch mit seiner Literatur und Bibliothek befassen müssen. So kam es, dass diesem wichtigen Bereich seines Lebens und Schaffens etwas mehr Platz eingeräumt wurde.

Bei der Auswahl der Bücher für die in kleinem Umfang nachempfundene Bibliothek hatte ich die Möglichkeit, Mirós Bibliothek in der Fundació Joan Miró in Barcelona und in Palma, in der Successió Miró, zu besuchen. Auf den ersten Blick ist sie relativ klein, aber bei genauerer Betrachtung ein Spiegel ihrer Zeit. Als Orientierung für den Erwerb der Bücher haben Mirós Werke Pate gestanden. Die Ausstellungsbesucher werden schnell merken, dass einige Bücher, die wir entweder in Vitrinen ausstellen oder in der nachempfundenen Bibliothek für jeden zugänglich machen, in seinen Werken vorkommen.

In der Vorbereitung habe ich versucht, die Bücher zu bekommen, die in direktem Bezug zum Thema der Ausstellung stehen. Heraus gekommen ist eine Auswahl von etwa 120 Bänden; vielen von ihnen dienten Miró als „Vorlage“ und Inspiration für seine Malerei und vor allem seine Künstlerbücher.

#32: Die „Künstlerbücher“ unserer Ausstellung sind kostbare Schätze, sie enthalten selbst kleine Kunstwerke. Welche Rollen spielen Zeichnungen und Grafiken in den Büchern? Warum war Miró davon so fasziniert?

Marimba Williamson: Die Künstlerbücher sind unglaublich! Wenn man an Künstlerbücher denkt, hat man natürlich sofort Matisse oder Picasso im Kopf. Mirós „Publikationen“ sind aber immer eine Interaktion mit dem jeweiligen Autor und dem Text. Seine Zeichnungen, Radierungen etc. sind nicht nur bloße Illustrationen, sie sind eine andere Darstellung des Textes und oft auch eine Weiterführung und Interpretation dessen. Als Beispiel empfehle ich z.B. Alfred Jarry & Joan Miró “Suite pour Ubu Roi” (1966), oder Miró and Tristan Tzara: „L’Antitête” (1949), ein sehr bekanntes Buch. Miró hat so eine Art “Zeichensprache” entwickelt. Die Literaturwissen- schaftlerin Laetitia Rimpau hat darüber eindrucksvoll in unserem Ausstellungskatalog geschrieben.

Meine Lieblinge unter den Künstlerbüchern sind übrigens “L’Antitête”, “Parler Seul” und “Càntic del Sol”. Aber es gibt zu viele schöne!

#32: Hand auf’s Herz: Neben den Künstlerbüchern und Ausstellungskatalogen gab es bei Miró auch Trivialliteratur im Schrank. Stimmt es, dass er gern Krimis gelesen hat?

Marimba Williamson: Oh ja! Es ist ja eigentlich nichts außergewöhnliches, dass man in seiner privaten Buchsammlung Trivialliteratur hat. Man schaut nur ein zweites Mal hin, wenn man neben den Gesamtausgaben von Goethe, Shakespeare, Breton, Char, Éluard, Tzara, etc. auch Ausgaben von Pierre Souvestre und Marcel Allain, den Autoren von Fantômas, und für uns Deutsche den „etwas“ bekannteren Edgar Wallace vorfindet! Und bei der Anzahl der Fantômas- und Wallace-Bücher kann man wohl davon ausgehen, dass auch ein Joan Miró zwischendurch mal etwas Zerstreuung brauchte…


Marimba Williamson ist Bibliothekarin an der Werner-Schmalenbach-Bibliothek im K20. Die Fragen stellte Alissa Krusch während sie beim Ausstellungsaufbau über die Schulter schauen durfte.

 

Weitere Informationen

Die Bibliothek Joan Mirós umfasste rund 1.700 Bände und ist vollständig erhalten. Seit 2009 befindet sie sich als Leihgabe der Familie Miró in der Fundació Miró in Barcelona. Wer sich vertiefend für die Büchervorlieben des Künstlers interessiert, wird auch im Ausstellungskatalog fündig: Joan Punyet Miró, Enkel des Künstlers, steuerte für die Publikation mit seinem Beitrag einen gelungenen Überblick über die Bücher seines Großvaters bei (Joan Punyet Miró: „Phantasie der Buchstaben. Ein persönlicher Blick auf Mirós Bibliothek", in: Miró. Malerei als Poesie, hg. von der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen im Hirmer Verlag 2015).


Fundació Barcelona
http://www.fmirobcn.org/en/

Fundació Pilar i Joan Miró a Mallorca (in Palma)
http://miro.palmademallorca.es/index.php

Successió Miró
http://www.successiomiro.com

Mirós Bibliothek im OPAC
OPAC

Zur Ausstellung

Miró. Malerei als Poesie

  1. 02.08.2015 18:58 Semmann
    Ganz wunderbare Ausstellung, aber ein Frage: Warum keine Bücher in spanischer Sprache ? Eine Antwort würde mich sehr freuen!
  2. 16.08.2015 16:40 Heinz Clas
    Wirklich eine wichige Ausstellung
    man bekommt einen ganz neuen
    Ausblick auf Miro. Bin ganz begeistert und werde noch einen Besuch mit mehr Zeit machen.
    H. Clas 81 J.

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