Kunstsammlung NRW

#DixAmRhein – Auf den Spuren des Bürgerschrecks im heutigen Düsseldorf

Etwa drei Jahre, von 1922 bis 1925, hat der Maler Otto Dix in Düsseldorf gelebt. Im K20 Grabbeplatz führte unsere Ausstellung „Otto Dix – Der böse Blick“ vom 11. Februar bis zum 28. Mai 2017 deutlich vor Augen: Es waren wichtige Jahre für den Künstler, sowohl beruflich als auch privat. In Düsseldorf perfektionierte er seine technischen Fertigkeiten, entwickelte er sich zum anerkannten Porträtmaler, erzielte seinen ersten kommerziellen Erfolg und lernte seine Frau Martha kennen. Dies war für uns Grund genug zu fragen: Welche Orte hat Otto Dix während seiner Zeit in Düsseldorf besucht? Und welche Bedeutung hatten sie für ihn?

Eine Spurensuche auf Instagram von Jan-Marcel Müller.

Ratinger Straße 45

Hier, auf der linken Straßenseite, hatte die aus ärmlichen Verhältnissen stammende Johanna Ey ab 1907 eine Bäckerei betrieben. Dort zog sie vier Kinder groß und versorgte die Studenten der nahegelegenen Kunstakademie mit günstigen Speisen und Getränken. Diese bezahlten die jungen Maler oft mit eigenen Kunstwerken. „Mutter Ey“ wurde später zu einer der wegweisenden Persönlichkeiten des kulturellen Lebens in Düsseldorf. Sie verkaufte als erste in der Stadt Werke von Otto Dix und ermöglichte ihm mit dem Gewinn seinen Umzug an den Rhein.

Blumenstraße 11

Hier betrieben der Urologe Dr. Hans Koch und seine Frau Martha zwischen 1917 und 1920 „Das graphische Kabinett von Bergh&Co“. Über ihn kamen die ersten vier Zeichnungen von Dix nach Düsseldorf. Als der Maler 1921 erstmals Düsseldorf besuchte, kaufte ihm Koch spontan zwei Bilder ab und gab sein Porträt in Auftrag. Als häufiger Gast im Kochschen Haus verliebte sich Dix in Martha und ging eine Liebesbeziehung mit ihr ein. Hans Koch war es schließlich, der auf Scheidung drängte, da er bereits mit Marthas Schwester Maria liiert war. 1923 heirateten Otto und Martha, wenige Monate später wurde das erste gemeinsame Kind Nelly geboren.

"Hindenburgwall 11"

Ermutigt durch erste Verkäufe von Kunstwerken eröffnete Johanna Ey 1917 auf der heutigen Heinrich-Heine-Allee unter dem Namen „Neue Kunst Frau Ey“ ihre Ausstellungsräume. Otto Dix machte dort seine ersten Verkäufe im Rheinland und verbrachte anfangs so manche Nacht auf dem Sofa der Galerie. Ab 1919 war die Galerie Treffpunkt der Künstlervereinigung „Das Junge Rheinland“. Diese war eine von den konservativen Düsseldorfer Kunstkreisen unabhängige Plattform für moderne rheinische Kunst. Mitglieder der Gruppe hatten empfohlen, Dix nach Düsseldorf zu holen und ihn ebenfalls zum Mitglied der Vereinigung zu machen.

Königsallee 1

Das Warenhaus Tietz (heute Kaufhof) an der Heinrich-Heine-Allee war Austragungsort der „Ersten Internationalen Kunstausstellung“, die 1922 von der Künstlergruppe „Junges Rheinland“ organisiert wurde. Daran nahmen über 300 Künstler aus 19 Ländern teil. Auch Otto Dix war mit zwei Werken vertreten („Fleischerladen“ und „Zwei Kinder“), bevor er im Herbst desselben Jahres endgültig nach Düsseldorf übersiedelte. Parallel dazu fand in Düsseldorf der erste „Kongress der Union Internationaler Fortschrittlicher Künstler“ statt, zu dem Vertreter verschiedenster Künstlervereinigungen anreisten.

Schadowstraße 40

Otto Dix nahm regelmäßig mit seiner Frau am Düsseldorfer Nachtleben teil, und die beiden amüsierten sich oftmals im Variété. An einem solchen Abend im Juni 1925 sahen die beiden die Avantgardetänzerin Anita Berber im Cabaret Jungmühle, das sich früher hier, auf der linken Straßenseite befand. Berber war zu dieser Zeit eine Berühmtheit nicht nur wegen ihrer Tänze, sondern insbesondere wegen ihres wilden Lebensstils. Der Auftritt beeindruckte Dix so sehr, dass er ihr zum folgenden nach Wiesbaden nachreiste und sie bald darauf portraitierte. Das Porträt ist heute Hauptmotiv unserer Ausstellung „Der böse Blick“.

Eiskellerstraße 1

Seit 1922 besuchte Otto Dix die Düsseldorfer Kunstakademie und arbeitete fortan in einem Meisterschüleratelier der Klasse von Heinrich Nauen. Dix’ Kollegen der Gruppe „Das Junge Rheinland“ empfanden seine dortige Ausbildung nahezu als Verrat an der jungen Kunst, Dix selbst sah diesen Schritt pragmatisch. Ausgesprochen wichtig war Dix der Unterricht in druckgrafischen Techniken bei Wilhelm Herberholz, denn die dort erworbenen Kenntnisse der Aquatinta-Technik setzte er im Herbst 1923 im berühmt gewordenen 50-teiligen Radierzyklus „Der Krieg“ ein.

Ehrenhof 4-5

Im Jahre 1925 nahm Otto Dix an der Jubiläumsausstellung der „Großen Kunstaustellung Düsseldorf“ teil, die von Mai bis Oktober im Kunstpalast präsentiert wurde. Dix war mit mehreren Werken vertreten – darunter „Die Irrsinnige“, die auch in „Der Böse Blick“ zu sehen war. Auf das Drängen seines Galeristen Karl Nierendorf hin zogen Dix und Familie im Herbst 1925 nach Berlin, das sich zum pulsierenden Zentrum für moderne Kunst entwickelte. Die Düsseldorfer Jahre hatten Dix zwar keinen Reichtum, wohl aber landesweite Anerkennung als Porträtmaler und Schöpfer des Radierzyklus „Der Krieg“ eingebracht. 1926 richtete ihm Nierendorf seine erste Einzelausstellung in Berlin aus.