Kunstsammlung NRW

Die Kunst heißt dich willkommen: Auf den Spuren von Joan Miró in Barcelona

Eine Stadt voller Kunst: Während einer Recherchereise haben sich Marimba Williamson und Valerie Hortolani auf die Suche nach dem berühmtesten Sohn der Stadt Barcelona gemacht. Sie fanden Geschichten von und Erinnerungen an Joan Miró an zahlreichen Stellen der katalanischen Hauptstadt. Monumentale Kunstwerke im öffentlichen Raum heißen die Barcelona-Besucher bereits bei ihrer Ankunft willkommen.

Ein Reisebericht für #32.

Die Passatge del Crèdit in der Altstadt Barcelonas, Foto: Kunstsammlung

Die ersten Jahre

Am 20. April 1893 wurde Joan Miró als Sohn eines Goldschmieds und Uhrmachers in Barcelona geboren. Es fällt schwer sich vorzustellen, was für eine Atmosphäre in der Barceloneser Altstadt vor 120 Jahren wohl geherrscht haben mag. Heute jedenfalls zweigt die kleine Passatge del Crèdit, in der sich Mirós Geburtshaus befindet, von einer der touristisch am stärksten besuchten Gegenden zwischen der Kathedrale und den Ramblas ab.

Ein Blick empor des Hauses Nr. 4 in der Passatge del Crèdit, Foto: Kunstsammlung

Betritt man die Passage, taucht man aber direkt ein in eine angenehme Ruhe. Kaum etwas scheint sich hier in den letzten hundert Jahren verändert zu haben. Die schmale Gasse ist von allen Seiten von mehrgeschossigen Wohnhäusern umschlossen, die den Charme des Alten versprühen. Nur wenig Licht dringt durch die schmalen Fenster in die Wohnungen und sorgt so für eine während der mediterranen Sommermonate äußerst dankbare, schattige Kühle. 

Eine Plakette erinnert an das Geburtshaus Mirós, Foto: Kunstsammlung

Am Eingang zum Haus Nr. 4 ist eine Plakette angebracht, die an das Geburtshaus des Künstlers erinnert. Im selben Gebäude befindet sich heute eine kleine Galerie im Erdgeschoss – auch wenn dort keine Werke des heute teuer gehandelten Nachbarn zu finden sind, so bekommt man hier doch das Gefühl für die künstlerische Kraft, die an diesem Ort ihren Anfang nahm.

Mirós Wandkeramik am Terminal B des Flughafens von Barcelona, Foto: Kunstsammlung

Werke im öffentlichen Raum

An verschiedenen Stellen in der Stadt hat Miró noch zu Lebzeiten seine Spuren hinterlassen. Drei monumentale Arbeiten stehen an  markanten Orte in Barcelona, Wie eine Trilogie sollen sie Reisende auf dem Land-, Wasser- oder Luftweg in der Stadt begrüßen bzw. verabschieden.

An der Fassade des Terminal B des Flughafens von Barcelona ist seit 1970 eine riesige Wandkeramik zu sehen, die Miró zusammen mit Josep Llorens Artigas fertigte. Das Werk entspricht mit seinen großen, durch dicke schwarze Linien getrennten Farbflächen Mirós charakteristischem Stil der späten Jahre.

Foto oben: © Jaume Meneses, La Rambla, Quelle: flickr

La Rambla

Mitten auf dem breiten Fußgängerweg der Ramblas befindet sich seit 1976 auf dem Pla de l'Os ein von Miró gestaltetes kreisrundes Mosaik aus Pflastersteinen, das diejenigen, die Barcelona vom Hafen aus erreichen, willkommen heißt. Heute schieben sich täglich tausende von Menschen über die Promenade, sodass Mirós Werk vor lauter Fußpaaren oft kaum noch zu sehen ist. Doch für Miró bestand genau in dieser Nähe zwischen Werk und Betrachter der eigentliche Reiz der Arbeit, die außerdem keinen festgelegten Standpunkt erfordert, sondern von allen Seiten unterschiedliche Sichtweisen eröffnet.

Die Monumentalplastik „Dona i ocell“ im Parc de Joan Miró, Foto: Kunstsammlung

1982, ein Jahr vor Mirós Tod, wurde die Monumentalplastik „Dona i ocell“ (Frau und Vogel) fertiggestellt, die sich heute in einem ebenfalls nach ihm benannten Park befindet. Da die Skulptur von vielen Besuchern, die per Auto oder Bus nach Barcelona kommen, passiert wird, verweist sie auf die dritte Art des Reisens über den Landweg. Die 22 m hohe Skulptur ragt aus einem Wasserbecken monolithisch empor und ist mit bunten, gebrochenen Keramikfliesen übersäht, die in der Sonne glänzen.  Auch wenn die abstrakten runden Formen nur schwerlich an ein gegenständliches Thema denken lassen, so weckt die Bezeichnung „Frau und Vogel“ doch viele anspielungsreiche Assoziationen.

Blick auf Barcelona von der Fundatió Joan Miró mit „Lune, soleil et une étoile“, Foto: Kunstsammlung

Hoch über der Stadt: Die Fundació Joan Miró

Der bekannteste Ort für die Begegnung mit Werken des Künstlers in Barcelona ist aber die Fundació Joan Miró. Die Stiftung, die von Mirós engem Freund, dem Architekten Josep Lluís Sert, gebaut und 1975 eröffnet wurde, thront hoch über der Stadt auf dem Montjuïc. Von hier aus bieten sich grandiose Ausblicke. Hier kann man Miró in seiner gesamten Entwicklung und künstlerischen Bandbreite erleben: Von den ersten frühen Zeichnungen als Schüler, über seine Pariser Jahre ab 1920, in denen er zu seinen kennzeichnenden Motiven fand, bis zu seinem äußerst experimentellen Spätwerk. Die enormen Besucherströme, die täglich in das Museum pilgern, zeugen von der großen Popularität des Künstlers, dessen universale Bildsprache eine Wirkung auf Menschen aus aller Welt und jeden kulturellen Hintergrunds auszuüben scheint. Sinnbildlich dafür sendet die Skulptur „Lune, soleil et une étoile“ (Mond, Sonne und ein Stern, 1968) auf einer der Terrassen wie ein Antennenmast Mirós Botschaft in die ganze Welt hinaus.

Die Carrer de Joan Miró im Viertel Vila Olímpica, Foto: Kunstsammlung

Zeitgenössische Hommagen

Neben den zahlreichen Werken Mirós finden sich viele weitere Hommagen an den großen Katalanen im Stadtbild Barcelonas. In der Vila Olímpica, dem ehemaligen Olympischen Dorf der Olympiade von 1992, ist beispielsweise eine Straße nach Miró benannt.

Zufällige Begegnungen mit Miró in Barcelona, Foto: Kunstsammlung

Und immer wieder stößt man auch auf zufällige, populärkulturelle Bezüge, wie hier beim Warten auf die U-Bahn. Fängt man einmal zu suchen an, fallen einem in Barcelona an fast jeder Ecke Verweise auf den neben Antoni Gaudí wohl berühmtesten Sohn der Stadt auf! 

Die Recherchereise fand anlässlich der Vorbereitungen der Ausstellung „Miró. Malerei als Poesie“ statt, die im Sommer 2015 in der Kunstsammlung am Grabbeplatz zu sehen sein wird. Die beiden Autorinnen arbeiten gemeinsam im Projektteam der Ausstellung: Valerie Hortolani als wissenschaftliche Volontärin, Marimba Williamson ist Bibliothekarin in der Kunstsammlung. Bücher nehmen innerhalb der Ausstellung eine ganz besondere Stellung ein – zentrales Thema ist die lebenslangen Begeisterung des Künstlers für die Literatur.

 

Weitere Informationen

Fundació Joan Miro